Alles Wissenswerte zur fahrlässigen Gefährdung des Straßenverkehrs nach § 315c StGB

Igor Posikow

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht

Gefährliche Situationen im Straßenverkehr entstehen oft schneller als man denkt, sei es durch Alkohol- oder Drogenkonsum, gesundheitliche Einschränkungen oder besonders rücksichtsloses Fahrverhalten.

fahrlässige Gefährdung des Straßenverkehrs
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Was vielen Verkehrsteilnehmern nicht bewusst ist: Es muss nicht erst zu einem Unfall kommen, um sich strafbar zu machen. Bereits eine konkrete Gefährdung, etwa ein Beinahezusammenstoß, kann ausreichen, um den Straftatbestand des § 315c StGB zu erfüllen.

In diesem Beitrag informiert Rechtsanwalt Igor Posikow, was genau unter Straßenverkehrsgefährdung zu verstehen ist, wann der Tatbestand erfüllt ist, welche Konsequenzen drohen können und was Betroffene tun sollten, wenn ihnen ein solches Verhalten vorgeworfen wird.

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Was bedeutet Gefährdung des Straßenverkehrs?

Verkehrsteilnehmer müssen körperlich und geistig in der Lage sein, sicher und verantwortungsbewusst am Straßenverkehr teilzunehmen. Fehlt diese Fähigkeit, z. B. aufgrund von Alkohol, Drogen oder gesundheitlichen Einschränkungen, oder verhält sich jemand rücksichtslos und gefährlich, kann daraus schnell eine ernsthafte Gefahr entstehen. In solchen Fällen ist nicht nur die Sicherheit des Straßenverkehrs insgesamt gefährdet, sondern auch die Rechtsgüter anderer Verkehrsteilnehmer, insbesondere deren Leib, Leben und Eigentum.

Um ein solches Verhalten unter Strafe zu stellen und damit ein gewisses Maß an Verkehrssicherheit zu gewährleisten, wurde der Straftatbestand der Straßenverkehrsgefährdung (§ 315c StGB) geschaffen.

Ein Beispiel: Ein Autofahrer trinkt vor Fahrtantritt ein Glas Wein. Er fühlt sich dennoch fahrtüchtig, steigt in sein Fahrzeug und fährt los. Plötzlich bremst das Auto vor ihm abrupt. Aufgrund der alkoholbedingten Reaktionsverzögerung reagiert er zu spät – kommt aber gerade noch rechtzeitig zum Stehen. Es kommt zu keinem Unfall, aber die Situation war brenzlig. Aber ist dieses Verhalten schon eine Straftat?

Die Antwort: Ja, unter Umständen. Denn wer sich im Straßenverkehr nicht nur vorschriftswidrig, sondern grob verkehrswidrig, rücksichtslos verhält oder fahruntüchtig ist und dadurch andere gefährdet, macht sich nach § 315c StGB strafbar.

Straßenverkehrsgefährdung ist keine Ordnungswidrigkeit

Ein Blick in den Gesetzestext zeigt: § 315c StGB ist keine bloße Ordnungswidrigkeit mit Bußgeld und Punkten – sondern ein echter Straftatbestand. Es drohen Geld- oder Freiheitsstrafen. Und: Ein tatsächlicher Unfall oder Schaden ist nicht erforderlich. Da es sich um ein sogenanntes konkretes Gefährdungsdelikt handelt, reicht es aus, wenn eine gefährliche Situation entstanden ist, also ein sogenannter „Beinahe-Unfall“. Dies ist der Fall, wenn nur durch Zufall, z.B. durch eine Vollbremsung oder ein Ausweichmanöver eines anderen Verkehrsteilnehmers, ein Unfall verhindert werden konnte.

Entscheidend ist also: Nicht die abstrakte Möglichkeit eines Unfalls reicht aus, sondern eine konkrete, akute Gefahr. Es muss wirklich „knapp“ gewesen sein.

Was fällt unter Gefährdung des Straßenverkehrs?

Der Straftatbestand der Gefährdung des Straßenverkehrs gehört zu den Verkehrsstraftaten, die im 28. Abschnitt des StGB unter der Überschrift „Gemeingefährliche Straftaten“ zusammengefasst sind. Anders als etwa § 316 StGB, der die Trunkenheit im Verkehr bereits bei Fahruntüchtigkeit unter Strafe stellt, ohne dass es zu einer Gefährdung kommen muss, setzt § 315c StGB eine konkrete Gefährdung anderer voraus. Auch im Vergleich zu § 315b StGB, der gezielt äußere Eingriffe in den Straßenverkehr (etwa durch das Aufstellen von Hindernissen) unter Strafe stellt, richtet sich § 315c StGB unmittelbar an den Fahrzeugführer selbst. Ihm wird vorgeworfen, durch sein eigenes Verhalten im Straßenverkehr eine gefährliche Situation herbeigeführt zu haben.

Schutzgut des § 315c ist vor allem die Sicherheit des Straßenverkehrs als überragendes Allgemeininteresse. Daneben schützt die Vorschrift aber auch konkrete Individualrechtsgüter, nämlich Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer sowie fremde Sachen von bedeutendem Wert. Die Norm ist als sogenanntes konkretes Gefährdungsdelikt ausgestaltet, d.h. strafbar ist nicht nur ein regelwidriges Verhalten an sich, sondern auch das Herbeiführen einer konkreten Gefährdungssituation.

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Zwei verschiedene strafbare Verhandlungsweisen in § 315c StGB

Der Tatbestand des § 315c Abs. 1 StGB gliedert sich in zwei Handlungsalternativen, die beide eine konkrete Gefährdung voraussetzen. Die erste Alternative (Abs. 1 Nr. 1) erfasst Fälle, in denen der Täter ein Fahrzeug führt, obwohl er fahruntüchtig ist. Fahruntüchtigkeit kann z. B. infolge des Genusses alkoholischer Getränke, anderer berauschender Mittel oder wegen körperlicher oder geistiger Mängel (z. B. starke Übermüdung, epileptische Erkrankung, akuter Migräneanfall) vorliegen. Entscheidend ist, ob die Fähigkeit zum sicheren Führen eines Fahrzeugs herabgesetzt ist, d.h. ob der Fahrer nicht mehr in der Lage ist, auch in unerwarteten Situationen sicher zu reagieren.

Die zweite Alternative (Abs. 1 Nr. 2) knüpft an besonders gefährliche Verkehrsverstöße an. Darunter fallen z.B. die Missachtung der Vorfahrt, falsches Überholen oder Wenden auf der Autobahn. Strafbar ist dieses Verhalten aber nur, wenn es grob verkehrswidrig und rücksichtslos ist und dadurch eine konkrete Gefährdung eintritt. Die Hürden für eine Strafbarkeit sind bewusst hoch angesetzt. Es müssen zwei subjektive Elemente zusammentreffen (grobe Pflichtverletzung und Gleichgültigkeit oder eigensüchtige Motivation), damit das Verhalten über eine bloße Bußgeldandrohung hinausgeht.

Bestrafung von gefährlichem Verhalten, nicht von Unachtsamkeit

§ 315c StGB trifft nicht jeden, der sich im Straßenverkehr einmal unachtsam verhält. Die Vorschrift richtet sich vielmehr gegen Verhaltensweisen, die eine besondere Gefahrenschwelle überschreiten, sei es durch Fahruntüchtigkeit, sei es durch massiv rücksichtsloses Verhalten. Wer diese Schwelle überschreitet, gefährdet nicht nur andere, sondern riskiert auch eine empfindliche strafrechtliche Sanktion.

Wann ist ein Fahrzeugführer fahruntüchtig?

Die erste Tatbestandsvariante des § 315c Abs. 1 Nr. 1 StGB stellt das Führen eines Fahrzeugs im fahruntüchtigen Zustand unter Strafe. Diese Konstellation ist praxisrelevant, da sie häufig bei Alkoholfahrten, Drogenkonsum, Medikamenteneinfluss oder auch gesundheitlichen Einschränkungen greift. Die Fahruntüchtigkeit kann aber auf zwei Ursachen beruhen: zum einen auf dem Konsum von Rauschmitteln (Alkohol oder andere berauschende Mittel), zum anderen auf geistigen oder körperlichen Mängeln.

Alkohol- und Drogenkonsum – § 315c Abs. 1 Nr. 1a StGB

Wer unter dem Einfluss von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln fährt und dadurch seine Fahrtüchtigkeit verliert, macht sich strafbar, wenn er zusätzlich eine konkrete Gefahr verursacht. Infolge des Rausches ist der Fahrzeugführer nicht mehr in der Lage, das Fahrzeug den Anforderungen des Straßenverkehrs entsprechend zu steuern. Insbesondere auf plötzlich auftretende schwierige Verkehrssituationen kann der Fahrzeugführer nicht mehr so reagieren, wie es von einem fahrtüchtigen Fahrzeugführer verlangt wird.

Neben Alkohol kommen auch andere berauschende Mittel in Betracht. Dies können z. B. Cannabis, Heroin, Kokain, Opiate, Benzodiazepine, Amphetamine, bestimmte Medikamente und andere Substanzen sein.

Bei der Fahruntüchtigkeit wird zwischen relativer und absoluter Fahruntüchtigkeit unterschieden. Absolute Fahruntüchtigkeit liegt bei alkoholisierten Fahrzeugführern ab einem Blutalkoholgehalt von 1,1 Promille unwiderlegbar vor. In diesem Fall wird automatisch von Fahruntüchtigkeit ausgegangen, ohne dass Ausfallerscheinungen hinzukommen müssen. Bei der relativen Fahruntüchtigkeit, die bereits bei einer Blutalkoholkonzentration von 0,3 Promille angenommen wird, müssen weitere alkoholbedingte Ausfallerscheinungen wie Schlangenlinien, verlangsamte Reaktion oder riskante Fahrmanöver hinzukommen.

Bei anderen berauschenden Mitteln wie Cannabis, Kokain oder Medikamenten ist die Beurteilung komplexer. Entscheidend ist immer, ob die Substanz die Fähigkeit, ein Fahrzeug sicher zu führen, beeinträchtigt und damit eine Wirkung entfaltet hat, die zu Fehlverhalten geführt hat.

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Geistige oder körperliche Mängel – § 315c Abs. 1 Nr. 1b StGB

Auch gesundheitliche Mängel können eine Fahruntüchtigkeit begründen. Dabei muss ein solcher Mangel nicht dauerhaft, sondern kann auch vorübergehender Natur sein (z.B. Fieber, Heuschnupfen, Medikamentenwirkung, Entzugserscheinungen, Migräne, Kreislaufzusammenbruch, Schwindel). Entscheidend ist allein die Beeinträchtigung zum Zeitpunkt der Fahrt.

Weitere geistige oder körperliche Mängel sind z.B.:

  • neurologische Erkrankungen (z.B. Anfallsleiden wie Epilepsie, Demenz)
  • akute körperliche Zustände, psychische Zustände (z.B. Panikattacken)
  • starke Übermüdung (rechtlich als Grund für Fahruntüchtigkeit anerkannt)

Was sind die 7 Todsünden im Straßenverkehr?

Neben der Fahruntüchtigkeit (§ 315c Abs. 1 Nr. 1 StGB) stellt das Strafgesetzbuch auch bestimmte besonders gefährliche Verkehrsverstöße unter Strafe. Diese aufgezählten Verhaltensweisen im Straßenverkehr sind dann strafbar, wenn sie grob verkehrswidrig, rücksichtslos und mit einer konkreten Gefährdung verbunden sind. Diese Kombination ist in § 315c Abs. 1 Nr. 2 StGB geregelt. Diese sieben Verhaltensweisen im Straßenverkehr (§ 315c Abs. 1 Nr. 2 StGB) werden umgangssprachlich auch als die „sieben Todsünden“ im Straßenverkehr bezeichnet.

Die Vorschrift erfasst Fälle, in denen der Fahrzeugführer zwar grundsätzlich fahrtüchtig ist (im Gegensatz zu Nr. 1 der Vorschrift), aber durch sein Verhalten eine besonders gefährliche Verkehrssituation herbeiführt, indem er z.B. elementare Verkehrsregeln massiv missachtet.

Der Katalog der „sieben Todsünden“ im Straßenverkehr

Der Gesetzgeber hat hier einen abschließenden Katalog von Verhaltensweisen aufgeführt, die bei gleichzeitiger Rücksichtslosigkeit und konkreter Gefährdung strafrechtlich relevant werden können. Dies sind:

  1. Missachtung der Vorfahrt: Missachtung von „Vorfahrt gewähren“ oder Stoppschildern, Fehlverhalten beim Einfahren in Kreisverkehre oder an Kreuzungen
  2. Falsches Überholen oder sonstiges Fehlverhalten beim Überholen: z.B. Überholen trotz unklarer Verkehrslage oder bei durchgezogener Linie, gefährliches Wiedereinscheren, dichtes Auffahren beim Überholen
  3. Falsches Verhalten an Fußgängerüberwegen: z.B. Nichtanhalten am Fußgängerüberweg trotz wartender Fußgänger, schnelles Überqueren ohne Rücksicht auf Fußgänger
  4. Zu schnelles Fahren an unübersichtlichen Stellen, Kreuzungen, Einmündungen oder Bahnübergängen: z.B. überhöhte Geschwindigkeit bei schlechter Sicht, Nebel oder unübersichtlicher Streckenführung
  5. Nichteinhalten der rechten Fahrbahnseite an unübersichtlichen Stellen: z.B. Schneiden von Kurven, Fahren auf der Gegenfahrbahn in Engstellen
  6. Wenden, Rückwärtsfahren oder Fahren entgegen der Fahrtrichtung auf Autobahnen oder Kraftfahrstraßen: gemeint sind hier vorwiegend die sogenannten „Geisterfahrer“.
  7. Nicht kenntlich machen von stehenden oder liegengebliebenen Fahrzeugen: z.B. nicht eingeschaltete Warnblinkanlage, fehlendes Warndreieck; insbesondere bei Nacht oder schlechter Sicht stellt dies eine massive Gefahrenquelle dar.

Andere, ebenfalls gefährliche Verstöße, wie z.B. das Überfahren einer roten Ampel, fallen nicht automatisch unter § 315c StGB, es sei denn, sie lassen sich unter eine der genannten Varianten subsumieren (z.B. als Vorfahrtsverletzung).

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Weitere Voraussetzung: Grob verkehrswidrig und rücksichtslos

Damit eine der als 7 Todsünden bezeichneten Verhaltensweisen nach § 315c Abs. 1 Nr. 2 StGB strafbar ist, müssen zwei weitere Voraussetzungen erfüllt sein:

Grob verkehrswidrig: Das Verhalten muss einen besonders schweren Verstoß gegen eine Verkehrsvorschrift darstellen, also ein deutliches Abweichen vom rechtlich gebotenen Verhalten. Es reicht nicht aus, wenn jemand etwas zu schnell fährt oder versehentlich gegen eine Vorschrift verstößt. Es muss sich um ein objektiv gefährliches Verhalten handeln, das die Verkehrssicherheit erheblich beeinträchtigt, z.B. riskantes Überholen in einer unübersichtlichen Kurve.

Rücksichtslosigkeit: Das subjektive Element ist die Rücksichtslosigkeit. Rücksichtslos handelt, wer sich bewusst über seine Pflichten hinwegsetzt, um persönliche Ziele zu verfolgen (z.B. schneller ans Ziel zu kommen) oder wer aus Gleichgültigkeit die Gefährdung anderer billigend in Kauf nimmt. Es reicht nicht aus, dass der Fahrer nur unachtsam war. Es muss eine innere Haltung der Missachtung der Interessen anderer vorliegen.

Beispiel: Wer rechts überholt und dann den Vordermann absichtlich schneidet, um ihm eine Lektion zu erteilen, handelt in der Regel rücksichtslos. Ein bloß fahrlässiges Fehlverhalten im Einzelfall ist dagegen nach § 315c StGB nicht strafbar.

§ 315c Abs. 1 Nr. 2 StGB richtet sich gegen besonders schwerwiegende Regelverstöße im Straßenverkehr, die – anders als bloße Ordnungswidrigkeiten – eine erhebliche Gefährdung darstellen. Nur wer sich grob verkehrswidrig und rücksichtslos verhält und dadurch andere konkret gefährdet, überschreitet die Schwelle zur Strafbarkeit.

Was bedeutet konkrete Gefährdung?

Ein zentrales Merkmal des Straftatbestands der Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c StGB) ist die so genannte konkrete Gefährdung. Ohne sie ist eine Strafbarkeit nicht gegeben. Auch dann nicht, wenn das Verhalten noch so rücksichtslos oder die Fahruntüchtigkeit offensichtlich war.

Eine konkrete Gefahr liegt vor, wenn die Sicherheit eines anderen Menschen oder einer fremden Sache von bedeutendem Wert in eine kritische Situation geraten ist und es nur vom Zufall abhängt, dass kein Schaden eingetreten ist. Es muss also mehr passiert sein als nur ein Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung. Es muss knapp gewesen sein, wie es die Rechtsprechung plastisch beschreibt. Die Juristen sprechen von einem Beinahe-Unfall. Die Gefahr hat sich also beinahe realisiert und nur ein rettendes Ausweichmanöver, eine Vollbremsung oder pures Glück haben einen tatsächlichen Schaden verhindert.

Beispiel: Ein Autofahrer überholt auf einer Landstraße trotz Gegenverkehrs. Der Entgegenkommende muss stark abbremsen oder auf den Seitenstreifen ausweichen, um einen Frontalzusammenstoß zu vermeiden. Dies ist eine typische konkrete Gefährdung.

Keine Gefährdung bei nur abstrakter Gefahr

Nicht ausreichend ist eine abstrakte Gefahr, also eine Situation, in der es theoretisch zu einem Schaden hätte kommen können, ohne dass es konkret zu einer realen Gefährdungssituation gekommen ist.

Beispiel: Ein Autofahrer ist betrunken, fährt aber vorsichtig und verursacht keine kritische Situation. In diesem Fall liegt möglicherweise eine Trunkenheitsfahrt (§ 316 StGB), aber keine Straßenverkehrsgefährdung nach § 315c StGB vor.

Ebenso reicht es nicht aus, dass ein Schaden eingetreten ist, wenn dieser nicht in einem inneren Zusammenhang mit der zuvor begangenen Pflichtverletzung steht. Die Gefahr muss gerade durch das strafbare Verhalten verursacht worden sein. Der bloße Zufall des Zusammentreffens zweier Ereignisse genügt nicht.

Die konkrete Gefährdung steht im Mittelpunkt des § 315c StGB. Sie grenzt gefährliches, aber strafloses Verhalten von tatsächlich strafbarem Unrecht ab. Entscheidend für die Strafbarkeit ist nicht, ob sich jemand rücksichtslos oder fahruntüchtig verhalten hat, sondern ob dadurch eine konkrete Gefahr für andere entstanden ist, die nur durch Glück nicht zu einem Schaden geführt hat.

Welche Strafe droht bei Straßenverkehrsgefährdung?

Wer sich nach § 315c StGB strafbar macht, muss mit spürbaren strafrechtlichen Folgen rechnen. Anders als bei einer bloßen Verkehrsordnungswidrigkeit handelt es sich bei der Gefährdung des Straßenverkehrs um ein Vergehen im Sinne des Strafgesetzbuches mit entsprechend ernsten Konsequenzen.

Der Grundtatbestand des § 315c Abs. 1 StGB sieht eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe vor. Die genaue Strafhöhe hängt vom Einzelfall und den Umständen wie der Schwere des Verkehrsverstoßes, der Gefährdungssituation, der Gefährdung konkreter Rechtsgüter (z.B. Menschenleben), dem Grad der Rücksichtslosigkeit oder Fahruntüchtigkeit sowie von Vorstrafen oder wiederholtem Fehlverhalten ab.

In der Praxis wird bei Ersttätern häufig eine Geldstrafe oder bei Freiheitsstrafen unter zwei Jahren eine Bewährung verhängt. Dennoch bleibt ein solches Urteil eine Eintragung im Bundeszentralregister und kann sich negativ auf das Führungszeugnis auswirken, etwa bei bestimmten Berufsgruppen.

Entziehung der Fahrerlaubnis

Besonders schwerwiegend ist die sogenannte Sperrfrist nach § 69 StGB. In vielen Fällen wird dem Täter die Fahrerlaubnis entzogen, weil sich aus der Tat ergibt, dass er ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist. Das Gericht spricht in diesem Fall nicht nur ein Fahrverbot, sondern die Entziehung der Fahrerlaubnis aus. Die Sperrfrist für eine Neuerteilung der Fahrerlaubnis  beträgt in vielen Fällen über 12 Monate, kann aber auch darüber hinausgehen. In vielen Fällen wird zusätzlich die Beibringung einer MPU (Medizinisch-Psychologische Untersuchung) verlangt, insbesondere bei Alkohol, Drogen oder besonders rücksichtslosen Verkehrsverstößen.

Wer verurteilt wird, muss häufig nicht nur mit Strafe, sondern auch mit einem aufwändigen und kostspieligen Verfahren zur Wiedererlangung der Fahrerlaubnis rechnen.

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Was tun bei einem Vorwurf nach § 315c StGB?

Ein Vorwurf der Straßenverkehrsgefährdung nach § 315c StGB ist mehr als nur ein unangenehmes Vorkommnis. Ein solcher Vorwurf stellt einen schwerwiegenden strafrechtlichen Vorwurf dar, der weitreichende Folgen haben kann: Geld- oder Freiheitsstrafe, Punkte in Flensburg, Entzug der Fahrerlaubnis, möglicherweise sogar berufsrechtliche Konsequenzen. Viele Betroffene sind in dieser Situation verunsichert. Was wir Ihnen aber schon an dieser Stelle raten können: Wenn Ihnen ein solcher Vorwurf gemacht wird, machen Sie keine Angaben zur Sache und nehmen Sie schnellstmöglich anwaltliche Hilfe in Anspruch.

Verteidigung durch Fachanwalt für Verkehrsrecht

Gerade im Verkehrsstrafrecht ist die Verteidigung durch einen erfahrenen Anwalt das A und O. Rechtsanwalt Igor Posikow ist Fachanwalt für Verkehrsrecht und verfügt über langjährige Erfahrung in der Verteidigung bei verkehrsstrafrechtlichen Vorwürfen – darunter zahlreiche Fälle nach § 315c StGB.

Aus langjähriger Erfahrung in der Verteidigung in Verkehrsstrafverfahren wissen wir: Nicht jeder strafrechtliche Vorwurf führt automatisch zu einer Verurteilung. Häufig wird vorschnell eine konkrete Gefährdung angenommen, ohne dass die tatsächlichen Umstände den strengen Anforderungen des § 315c StGB genügen. Nicht jede Situation, die im Straßenverkehr gefährlich erscheint, erfüllt tatsächlich den gesetzlichen Tatbestand. Ebenso ist nicht jedes verkehrswidrige Verhalten bereits grob verkehrswidrig und rücksichtslos im strafrechtlichen Sinne.

Gerade deshalb kommt es bei der Verteidigung entscheidend auf die sachkundige rechtliche Einordnung, die gründliche Analyse der Beweislage und die rechtzeitige Einflussnahme auf das Verfahren an. Oft steht Aussage gegen Aussage oder die vermeintlich kritische Verkehrssituation lässt sich im Nachhinein nicht objektiv belegen.

Wichtig: Schweigen ist Ihr gutes Recht!

In der ersten Aufregung, Überforderung und Panik sagen viele Beschuldigte spontan Dinge, die später gegen sie verwendet werden und ihre Situation verschlechtern können. Dabei ist gerade im Verkehrsstrafrecht oft nicht die Tat selbst, sondern das Geständnis des Lenkers der entscheidende Beweis.

Daher der wichtigste Tipp von Rechtsanwalt Igor Posikow: Schweigen Sie zur Sache, bestehen Sie auf anwaltliche Vertretung und überlassen Sie die Kommunikation einem erfahrenen Verteidiger.

Wer einer Straftat nach § 315c StGB beschuldigt wird, sollte sich frühzeitig anwaltlich beraten lassen. Mit Rechtsanwalt Igor Posikow, Fachanwalt für Verkehrsrecht, haben Sie einen Verteidiger an Ihrer Seite, der sowohl mit dem Strafrecht als auch mit den besonderen Anforderungen des Verkehrsrechts bestens vertraut ist und Ihre Interessen kompetent und konsequent vertritt.

Erfährt ein Käufer im Nachhinein, dass der Tachostand manipuliert wurde, kann er nicht nur zivilrechtliche Schritte einleiten (Rücktritt vom Kaufvertrag, Minderung des Kaufpreises, Schadensersatz), sondern sollte auch strafrechtliche Schritte einleiten. Eine Anzeige kann dazu führen, dass gegen den Verkäufer oder andere Beteiligte ermittelt wird.

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Fazit

  • Gefährdung des Straßenverkehrs ist Straftat: § 315c StGB ahndet gefährdendes Verhalten im Straßenverkehr mit Geld- oder Freiheitsstrafe – bereits dann, wenn eine konkrete Gefahr für Menschen oder bedeutende Sachwerte entsteht. Ein tatsächlicher Unfall ist nicht erforderlich – ein „Beinahe-Unfall“ genügt.
  • Zwei Fallgruppen – Fahruntüchtigkeit und gefährliches Verhalten im Straßenverkehr: Strafbar ist zum einen das Fahren in fahruntüchtigem Zustand (z.B. Alkohol, Drogen, gesundheitliche Mängel), zum anderen grob verkehrswidriges und rücksichtsloses Verhalten – z.B. Missachtung der Vorfahrt, falsches Überholen oder Geisterfahrt.
  • Kernmerkmal ist die konkrete Gefährdung: Entscheidend ist, dass durch das Verhalten eine akute Gefahr und nicht nur eine abstrakte Möglichkeit entstanden ist. Die Situation muss so kritisch gewesen sein, dass der Schaden nur durch Zufall oder Notmaßnahmen verhindert werden konnte.
  • Strafmaß und Nebenfolgen: Es drohen Geldstrafen oder Freiheitsstrafen bis zu 5 Jahren. In vielen Fällen wird zudem die Fahrerlaubnis entzogen (§ 69 StGB), oft verbunden mit einer Sperrfrist und der Verpflichtung zur MPU – mit erheblichen persönlichen und beruflichen Folgen.
  • Nicht jedes Fehlverhalten ist strafbar: Unachtsamkeit reicht nicht aus, § 315c StGB setzt eine klare Gefahrenlage, grobes Verschulden und Leichtfertigkeit voraus. Fahrlässiges oder leichtfertiges Fehlverhalten ohne konkrete Gefährdung erfüllt den Tatbestand nicht. Hier hilft eine genaue juristische Prüfung.
  • Anwaltliche Hilfe und Schweigen: Wer einer Straftat nach § 315c StGB beschuldigt wird, sollte gegenüber der Polizei oder anderen Dritten keine Angaben machen und sich umgehend an einen erfahrenen Rechtsanwalt wenden. Rechtsanwalt Igor Posikow, Fachanwalt für Verkehrsrecht, bietet eine fundierte Verteidigung mit Blick auf Beweislage, Verfahrensfragen und individuelle Verteidigungsstrategien – sachlich, kompetent und effektiv.

FAQ

Ist die Gefährdung des Straßenverkehrs nach § 315c StGB eine Straftat?

Ja, § 315c StGB ist ein Straftatbestand und keine bloße Ordnungswidrigkeit. Wer sich grob verkehrswidrig, rücksichtslos oder fahruntüchtig verhält und dadurch andere konkret gefährdet, riskiert eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren sowie den Entzug der Fahrerlaubnis.

Wann mache ich mich nach § 315c StGB strafbar?

Eine Strafbarkeit liegt vor, wenn Sie entweder
a) fahruntüchtig (z.B. durch Alkohol, Drogen oder gesundheitliche Mängel) ein Fahrzeug führen oder
b) eine der sogenannten „sieben Todsünden“ im Straßenverkehr begehen (z.B. Vorfahrt missachten, auf der Autobahn wenden) und dadurch andere konkret gefährden. Entscheidend ist, dass es „knapp“ war, ein tatsächlicher Unfall ist hingegen nicht erforderlich.

Was genau bedeutet „konkrete Gefährdung“?

Die Situation muss so kritisch gewesen sein, dass ein Schaden nur durch Zufall oder die schnelle Reaktion Dritter, etwa durch eine Vollbremsung oder ein Ausweichmanöver, verhindert werden konnte. Eine abstrakte Gefahr („hätte passieren können“) reicht nicht aus. Als Maßstab gilt der sogenannte “Beinaheunfall”.

Welche Strafen drohen bei einer Verurteilung nach § 315c StGB?

Wer wegen Gefährdung des Straßenverkehrs nach § 315c StGB verurteilt wird, muss mit erheblichen strafrechtlichen Konsequenzen rechnen. Der Strafrahmen reicht von einer Geldstrafe bis zu einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren. In der Praxis wird bei Ersttätern häufig eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe auf Bewährung verhängt.
Besonders einschneidend ist jedoch in vielen Fällen die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB. Das Gericht geht dann davon aus, dass der Betroffene zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Die Folge: Die Fahrerlaubnis wird entzogen und eine Sperrfrist von mindestens sechs Monaten verhängt. Für die Wiedererteilung kann eine MPU (Medizinisch-Psychologische Untersuchung) erforderlich sein.

Was soll ich tun, wenn mir eine Straftat nach § 315c StGB vorgeworfen wird?

Schweigen Sie zur Sache und nehmen Sie unverzüglich anwaltliche Hilfe in Anspruch.
Rechtsanwalt Igor Posikow, Fachanwalt für Verkehrsrecht, ist spezialisiert auf Verkehrsstrafrecht und verfügt über umfangreiche Erfahrung in der Verteidigung bei Vorwürfen nach § 315c StGB. Er prüft die Beweislage, schützt Ihre Rechte und entwickelt eine individuelle Verteidigungsstrategie.

Bildquellennachweise:  Thinkstock Images | Canva

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Jaleesa Lienau
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