JUGENDSTRAFRECHT
STRAFVERTEIDIGUNG

Das Jugendstrafrecht ist ein Teilgebiet des Strafprozesses, das sich an Jugendliche und Heranwachsende richtet. Geregelt ist dieses im Jugendgerichtsgesetz (JGG).

Igor Posikow

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verkehrsrecht in Hamburg

Wer ist strafmündig?

Wer zum Zeitpunkt der Tat das vierzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist in Deutschland nach § 19 StGB nicht strafmündig. Das bedeutet, dass diese Person für Taten noch nicht strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden kann. Davon unberührt bleiben Maßnahmen, die ggf. durch das Familiengericht angeordnet werden.

Wird gegen einen Strafunmündigen ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, liegt ein Prozesshindernis vor. Das Verfahren ist dann nach § 170 Abs. 2 StPO einzustellen. In solchen Fällen kann ein Strafverteidiger oder Rechtsanwalt die Einstellung durch einen Schriftsatz an die Staatsanwaltschaft erwirken.

Nach dem vierzehnten Geburtstag tritt die bedingte Strafmündigkeit ein. Das bedeutet, dass der Täter strafrechtlich verantwortlich ist, wenn er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung reif genug ist, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln.

Wann ist das JGG anwendbar?

Das Jugendgerichtsgesetz, kurz JGG gilt für Jugendliche (14 bis 17 Jahre) und solche Heranwachsende (18 – 20 Jahre), die – nach einer Gesamtwürdigung ihrer Persönlichkeit – aufgrund ihrer sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstehen. Ob auf einen Heranwachsenden das Jugendstrafrecht anwendbar ist, entscheidet – nach einer Stellungnahme der Jugendgerichtshilfe – das zuständige Gericht.

Welche Besonderheiten gibt es im Jugendstrafrecht?

Das Jugendstrafrecht unterscheidet sich in vielen Punkten vom allgemeinen Strafrecht. Der Grund dafür liegt in den unterschiedlichen Zielausrichtungen. Im Gegensatz zum allgemeinen Strafrecht, steht der Erziehungsgedanke im Vordergrund. Es soll vorrangig pädagogisch auf den Beschuldigten eingewirkt werden, um weitere Straftaten vorzubeugen. Das führt dazu, dass sich nicht nur der Ablauf des Verfahrens, sondern auch die verhängten Sanktionen vom allgemeinen Strafrecht unterscheiden.

Typische Delikte im Bereich der Jugendkriminalität:

  • Verkehrsstraftaten (Fahren ohne Fahrerlaubnis nach § 21 StVG; Unfallflucht nach § 142 StGB; alkoholisiertes Führen eines Fahrzeugs, § 316 StGB und vergleichbare Verkehrsdelikte)
  • Vermögensdelikte (Betrug nach § 316 StGB; Diebstahl nach § 242 StGB und vergleichbare)
  • Delikte rund um Betäubungsmittel im Sinne des BtMG
  • Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit oder freie Willensbildung (bsp. Körperverletzungsdelikte nach §§ 223 ff. StGB; Nötigung nach § 240 StGB)
  • und andere

Welche Beteiligten gibt es im Strafverfahren gegen Jugendliche?

Für das Jugendstrafverfahren sind die Jugendgerichte nach § 33 ff. JGG (Jugendrichter, Jugendschöffengericht oder Jugendkammer) zuständig. Beteiligte sind neben dem Angeklagten die Staatsanwaltschaft, ggf. der Verteidiger, die Jugendgerichtshilfe sowie nach § 67 JGG die gesetzlichen Vertreter des Jugendlichen.

Die Eltern bzw. gesetzlichen Vertreter haben ein Anwesenheitsrecht bei Vernehmungen, ein Recht auf Einlegung von Rechtsmitteln und ein Wahlrecht hinsichtlich des Verteidigers. Darüber hinaus dürfen Sie in der Hauptverhandlung anwesend sein, den Angeklagten, Zeugen und Sachverständige befragen sowie Anträge stellen. Insofern ist den Eltern des jeweils beschuldigten Jugendlichen oder Heranwachsenden zu empfehlen möglichst frühzeitig einen Rechtsanwalt einzuschalten.

Können an der Hauptverhandlung Zuschauer teilnehmen?

Verfahren gegen Jugendliche, also unter 18-Jährige, finden grundsätzlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.  Das gilt nicht, wenn im selben Verfahren auch Heranwachsende oder Erwachsene angeklagt sind.

Welche Einstellungsmöglichkeiten gibt es?

Ein Strafverfahren kann nicht nur durch ein Urteil, sondern auch durch eine Einstellung beendet werden. Im besten Fall kann der Strafverteidiger schon die Anklageerhebung durch eine Einstellung mangels hinreichenden Tatverdachts nach § 170 Abs. 2 StPO verhindern.

Falls die Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO nicht erfolgversprechend ist, kann Ihr Rechtsanwalt eine Einstellung aus Opportunitätsgründen anregen. Wenn die Schuld an einem Vergehen als gering anzusehen ist und kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht, ist die Einstellung des Verfahrens nach §§ 45 oder 47 JGG möglich. Unter Umständen können dem Jugendlichen oder Heranwachsenden in diesem Fall Auflagen und Weisungen (bspw. Ableistung von Sozialstunden) erteilt werden.

Welche Strafen drohen?

Wenn das Strafverfahren nicht eingestellt wird, ergeht nach der Hauptverhandlung ein Urteil. Ist das Gericht nicht von der Schuld des Angeklagten überzeugt, wird es ihn freisprechen. Andernfalls wird der Angeklagte zu einer der im JGG vorgesehenen Sanktionen verurteilt. Statt Freiheits- und Geldstrafen, gibt es im Jugendstrafrecht Erziehungsmaßnahmen, Zuchtmittel und die Jugendstrafe. Die Auswahl der Sanktion richtet sich danach, welche sich zur Verhütung vor einem Rückfall am besten eignet und den Jugendlichen gleichzeitig am wenigsten belastet.

Erziehungsmaßregeln nach § 9 JGG sind Gebote oder Verbote, die die Lebensführung betreffen. Beispielsweise kann das Gericht dem Jugendlichen auferlegen, eine Ausbildung zu beginnen oder Arbeitsleistungen zu erbringen. Zuchtmittel gem. § 13 JGG sind Verwarnungen, Auflagen (bspw. die Zahlung an eine gemeinnützige Einrichtung) und der Jugendarrest.

Die Jugendstrafe gem. § 17 JGG ist die härteste Sanktion, die im JGG vorgesehen ist. Sie wird als letztes Mittel verhängt, soweit Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel nicht ausreichen. Der Freiheitsentzug beträgt höchstens 10 Jahre. Diese Strafe kann auch im Jugendstrafrecht zur Bewährung ausgesetzt werden.

Zu beachten ist, dass auch im Jugendstrafverfahren ein Fahrverbot nach § 44 StGB verhängt werden kann.

Was steht nach einer Verurteilung im Führungszeugnis?

Soweit lediglich Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel verhängt werden, werden diese nicht in das Bundeszentralregister sondern grundsätzlich in das Erziehungsregister eingetragen. Folglich stehen diese Sanktionen auch nicht im Führungszeugnis. Demgegenüber können Jugendstrafen unter bestimmten Voraussetzungen – auch wenn sie zur Bewährung ausgesetzt werden – und Nebenstrafen in das BZR eingetragen werden.

Wie kann ich mich gegen ein bereits ergangenes Urteil wehren?

Die Rechtsmittel sind im Rahmen des Jugendstrafrechts stark eingeschränkt. Diese dürfen sich nicht gegen Sanktionen unterhalb der Jugendstrafe richten. Dann kann sich das Rechtsmittel nur auf die Frage der Schuld beschränken. Zudem kann gegen Urteile des Jugendrichters und des Jugendschöffengerichts nur einmal ein Rechtsmittel eingelegt werden. Das heißt, dass nach einem Berufungsurteil keine Revision mehr eingelegt werden kann.

Sie oder Ihre Angehörigen benötigen Unterstützung von einem Rechtsanwalt im Bereich des Jugendstrafrechts?

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Jaleesa Lienau
Rechtsanwältin