Eine Eigenbedarfskündigung kann der Vermieter einer Mietwohnung aussprechen, wenn er die Wohnung für sich selbst oder für einen bestimmten Personenkreis benötigt.
Für Mieter ist der Schock oft groß, wenn sie eine solche Kündigung erhalten. In Zeiten eines angespannten Wohnungsmarktes ist es für Mieter nicht einfach, eine neue Wohnung zu finden. Mieter haben jedoch Möglichkeiten, sich gegen eine Eigenbedarfskündigung zu wehren.
Für Vermieter ist es ein Ärgernis, wenn Mieter nach einer Eigenbedarfskündigung nicht ausziehen. Aber auch Vermieter haben die Möglichkeit, sich gegen nicht ausziehende Mieter zu wehren.
Was es mit der Eigenbedarfskündigung auf sich hat, wann sie zulässig ist und wann nicht, und was Vermieter und Mieter tun können, wenn eine Eigenbedarfskündigung im Raum steht, erläutert Rechtsanwalt und Fachanwalt für Mietrecht Michael Kehren in diesem Beitrag.
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Was bedeutet Kündigung wegen Eigenbedarf?
Der Vermieter kann ein Mietverhältnis nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Kündigung hat (§ 573 Abs. 1 BGB). Liegt ein solches berechtigtes Interesse nicht vor, ist die Kündigung durch den Vermieter unzulässig. In § 573 Abs. 2 BGB werden Fälle aufgezählt, in denen ein berechtigtes Interesse vorliegen kann.
Nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB liegt ein berechtigtes Interesse vor, wenn der Vermieter die Wohnung für sich oder seine Familienangehörigen benötigt. Weitere Fälle sind die schuldhafte Verletzung mietvertraglicher Pflichten durch den Mieter (Abs. 2 Nr. 1) oder ein besonderes wirtschaftliches Verwertungsinteresse (Abs. 2 Nr. 3).
Bei der Eigenbedarfskündigung muss der Vermieter daher ein Interesse haben bzw. es muss die Notwendigkeit bestehen, den vermieteten Wohnraum für sich selbst oder für einen bestimmten Personenkreis zu nutzen.
Tipp für Mieter – Kündigungsausschluss
Als Interessent einer Mietwohnung kann man den Vermieter nach eventuellen Eigenbedarfsplänen befragen. Befürchtet man, dass der Vermieter trotz einer negativen Antwort auf die Frage nach Eigenbedarfsplänen die Wohnung dennoch in absehbarer Zeit für sich oder seine Angehörigen nutzen will, besteht die Möglichkeit, einen Kündigungsverzicht wegen Eigenbedarfs zu vereinbaren.
Dieser Verzicht muss schriftlich in den Mietvertrag aufgenommen werden und bietet Sicherheit vor einer Eigenbedarfskündigung.
Tipp für Vermieter – Befristung des Mietverhältnisses
Manchmal tritt der Eigenbedarf für den Vermieter plötzlich ein, da konkrete Pläne für die Zukunft in Bezug auf den Eigenbedarf oft nicht wirklich festgelegt werden können. Hat man als Vermieter jedoch vor der Neuvermietung eine Vorstellung davon, dass mittel- oder langfristig ein Eigenbedarf an einer Wohnung entstehen könnte, kann man als Vermieter für solche Fälle vorsorgen.
Der Mietvertrag kann befristet geschlossen werden und endet dann automatisch mit Ablauf der vereinbarten Frist. Eigenbedarf ist nach § 575 Abs. 1 Nr. 1 BGB ein zulässiger Befristungsgrund. Eine vorzeitige Eigenbedarfskündigung ist bei befristeten Mietverträgen jedoch dann nicht mehr möglich. Der befristete Mietvertrag erspart mögliche Auseinandersetzungen mit dem Mieter, da er rechtssicher das Ende des Mietvertrages festlegt.
Wann darf der Vermieter wegen Eigenbedarfs kündigen?
Eine Eigenbedarfskündigung kann der Vermieter nur für bestimmte begünstigte Personen aussprechen. Dies sind in der Regel nur nahe Angehörige des Vermieters. Dazu gehören:
- der Vermieter selbst
- Kinder, Schwiegerkinder und Enkelkinder
- Eltern und Großeltern
- Geschwister
- leibliche Nichten und Neffen
Auch andere Personen, die nicht mit dem Vermieter verwandt sind, können zum Eigenbedarf begünstigt sein:
- der Ehegatte, Lebenspartner oder Verlobte
- der getrennt lebende oder geschiedene Ehepartner
- die Eltern des Ehegatten oder Lebenspartners
- Haushaltsangehörige des Vermieters, z.B. Haushaltshilfen oder Pflegepersonal (wenn akuter Pflegebedarf besteht oder die Pflegeperson in absehbarer Zeit benötigt wird)
Handelt es sich bei dem Vermieter um mehrere natürliche Personen, z.B. eine Erbengemeinschaft oder eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), genügt es, wenn nur eine Person oder ein Gesellschafter Eigenbedarf für sich oder einen seiner nahen Angehörigen geltend macht.
Gründe für Eigenbedarf
Das Gesetz spricht davon, dass der Vermieter die Wohnung benötigen muss. Der bloße Wunsch, in die eigenen vier Wände zu ziehen, genügt nicht. Der Vermieter muss konkrete und nachvollziehbare Gründe darlegen können, warum er die zu kündigende Wohnung für sich oder eine begünstigte Person benötigt.
Diese Gründe und Erwägungen müssen auch im Kündigungsschreiben so genau und konkret wie möglich angegeben werden. Der Vermieter muss in diesem Schreiben auch die Person benennen, für die die Wohnung benötigt wird.
Die Interessen des Mieters und des Vermieters sind dann gegeneinander abzuwägen. Der Mieter hat ein Interesse am Fortbestand seines Mietverhältnisses, der Vermieter hat ein Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses mit seinem Mieter, um die Wohnung für sich selbst nutzen zu können. Wägt man die Interessen gegeneinander ab und ist das Interesse des Vermieters höher zu werten, ist eine Kündigung zulässig.
Kündigungsschutzfrist muss abgelaufen sein
Wird eine Mietwohnung während der Mietzeit des Mieters in eine Eigentumswohnung umgewandelt und verkauft, besteht das Mietverhältnis unverändert fort. Die Kündigung wegen Eigenbedarfs ist jedoch nach § 577a Abs. 1 BGB für eine bestimmte Zeit ausgeschlossen. Die allgemeine Ausschlussfrist nach dieser Vorschrift beträgt 3 Jahre nach dem Erwerb der Wohnung.
Die einzelnen Bundesländer sind gesetzlich ermächtigt (§ 577a Abs. 2 Satz 2 BGB), diese Kündigungsschutzfrist in Gebieten, in denen die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist, auf bis zu 10 Jahre zu verlängern.
Hamburg hat mit der Verordnung zur Verlängerung der Kündigungsschutzfrist für Wohnraum von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht und die Kündigungsschutzfrist auf 10 Jahre verlängert. Eine Schutzfrist von 10 Jahren gilt nach der Kündigungsschutzklausel-Verordnung auch in Berlin. In Niedersachsen gilt nur in 18 Kommunen eine Schutzfrist von 8 Jahren, u.a. in Hannover und Braunschweig. Schleswig-Holstein hat von der gesetzlichen Ermächtigung keinen Gebrauch gemacht, so dass hier nur eine Kündigungsschutzfrist von drei Jahren gilt.
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Wann ist Eigenbedarf nicht möglich?
Ist der Vermieter keine natürliche Person, sondern eine juristische Person, also eine Aktiengesellschaft, ein Verein oder eine GmbH, ist eine Eigenbedarfskündigung nicht möglich, da diese juristischen Personen die Wohnung nicht als solche nutzen können. Der Bedarf der Gesellschafter oder von Mitarbeitern berechtigt nicht zur Eigenbedarfskündigung.
Nicht begünstigter Personenkreis
Eine Eigenbedarfskündigung ist auch dann nicht möglich, wenn der Vermieter die Wohnung für Personen beansprucht, die nicht durch Eigenbedarf begünstigt werden können. Hierzu gehören z.B.:
- Onkel und Tanten des Vermieters
- Schwager und Schwägerin
- Cousins und Cousinen
- Eltern des Lebensgefährten
Nicht benötigter und ungeeigneter Wohnraum
Der Vermieter muss die jeweiligen Gründe für den Eigenbedarf im Kündigungsschreiben konkret und nachvollziehbar benennen. Widersprüchliche oder nicht nachvollziehbare Gründe können sich ergeben, wenn die angeblich benötigte Wohnung nicht geeignet oder nicht benötigt wird.
Ein solcher Fall liegt beispielsweise vor, wenn der Vermieter die Wohnung angeblich für seine Mutter benötigt, die auf einen Rollstuhl angewiesen ist, die Wohnung aber im vierten Stock ohne Aufzug liegt. Gleiches gilt, wenn der Vermieter die Wohnung für seinen ledigen Sohn benötigt, die Wohnung aber 8 Zimmer und 250 m2 hat.
Benötigt der Vermieter die Wohnung zur Arbeitssuche, kann dies ebenfalls einen unzulässigen Eigenbedarf darstellen. Will der Vermieter jedoch mit der zu kündigenden Wohnung seine Wegezeit zum konkreten Arbeitsplatz verkürzen, kann die Eigenbedarfskündigung zulässig sein.
Auch wenn der Eigenbedarf nur vorübergehend besteht, wäre eine Eigenbedarfskündigung unzulässig; für einen bestimmten Zeitraum, z.B. die Ausbildung der Kinder, ist der Eigenbedarf jedoch möglich.
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Welche Kündigungsfristen gelten bei einer Eigenbedarfskündigung?
Bei einer ordentlichen Kündigung des Vermieters wegen Eigenbedarfs richtet sich die Länge der Kündigungsfrist nach der Dauer des Mietverhältnisses (§ 573c Abs. 1 Satz 2 BGB).
- Besteht das Mietverhältnis weniger als 5 Jahre, beträgt die Kündigungsfrist 3 Monate.
- Besteht das Mietverhältnis mehr als 5 Jahre, aber weniger als 8 Jahre, beträgt die Kündigungsfrist 6 Monate.
- Bei einer Mietdauer von mehr als 8 Jahren beträgt die Kündigungsfrist 9 Monate.
Vereinbaren Mieter und Vermieter längere Kündigungsfristen, gelten diese nur für den Vermieter.
Wie kann man sich gegen Eigenbedarf wehren?
Als Mieter hat man zwei Möglichkeiten, sich gegen eine Kündigung des Vermieters zu wehren: den Widerspruch oder die Erklärung der Unwirksamkeit einer Kündigung.
Widerspruch bei sozialer Härte
Der Widerspruch (§ 574 BGB) kommt allerdings nur in Betracht, wenn Gründe vorliegen, die für den Mieter eine soziale Härte bedeuten würden. Dies ist z.B. der Fall, wenn der Mieter älter, krank, schwerbehindert oder schwanger ist. Der schriftliche Widerspruch muss spätestens 2 Monate vor Ablauf der Kündigungsfrist beim Vermieter eingegangen sein.
Ist der Widerspruch erfolgreich, wird das Mietverhältnis so lange fortgesetzt, wie dies unter Berücksichtigung aller Umstände angemessen ist (§ 574a BGB). Dies kann entweder so lange sein, bis eine neue Wohnung gefunden ist, oder bis zum Lebensende (insbesondere bei älteren Menschen). Widersprüche sind allerdings häufig nicht erfolgreich.
Erklärung der Unwirksamkeit einer Kündigung
Während der Widerspruch nur unter bestimmten sozialen Gesichtspunkten erklärt werden kann, kann der Mieter auch die Unwirksamkeit der Eigenbedarfskündigung geltend machen. Dies kann z.B. der Fall sein, weil die Kündigungsschutzfrist noch nicht abgelaufen ist, der Vermieter die Wohnung nur für einen entfernten, nicht eigenbedarfsberechtigten Angehörigen benötigt oder die Wohnung für den angegebenen Eigenbedarf ungeeignet ist.
Der Mieter hat in einem solchen Fall jedoch kein Klagerecht. Kann man sich mit dem Vermieter nicht einigen, z.B. durch Rücknahme der Kündigung oder gütliche Einigung, bleibt nur, die vom Vermieter gesetzte Frist zum Auszug verstreichen zu lassen. In einem Räumungsrechtsstreit muss der Vermieter beweisen, dass die Kündigung wirksam ist, also dass die Kündigungsgründe tatsächlich vorliegen.
Was tun, wenn der Mieter trotz Kündigung nicht auszieht?
Zieht der Mieter trotz Eigenbedarfskündigung nicht aus und widerspricht oder erklärt die Kündigung für unwirksam, sollte der Vermieter der Fortsetzung des Mietverhältnisses nach § 545 BGB widersprechen, wenn er dies nicht bereits im Kündigungsschreiben getan hat. Ob ein Widerspruch oder die Geltendmachung der Unwirksamkeit der Eigenbedarfskündigung durchgreift, sollte dann juristisch geprüft werden.
Kann mit dem Mieter keine außergerichtliche und gütliche Einigung über den Auszug erzielt werden, bleibt dem Vermieter häufig nur die Räumungsklage vor dem Zivilgericht. In einem solchen Verfahren wird auch geklärt, ob ein eingelegter Widerspruch erfolgreich war oder ob die Kündigung zulässig war. Mit der Erhebung der Räumungsklage sollte der Vermieter nicht zu lange warten, da die Dauer eines Rechtsstreits bis zu einem Jahr oder länger sein kann.
Was Sie tun können, wenn der Mieter nicht auszieht, erfahren Sie in diesem Artikel.
Fazit
- Kündigung wegen Eigenbedarfs: Der Vermieter kann eine Mietwohnung für sich selbst oder für bestimmte Personengruppen kündigen.
- Voraussetzungen für eine Eigenbedarfskündigung: Der Vermieter muss konkrete und nachvollziehbare Gründe für die Kündigung angeben. Wohnungen dürfen für Familienangehörige, Angehörige des Haushalts oder für den Vermieter selbst aufgrund von Eigenbedarf gekündigt werden.
- Kündigungsschutzfristen: Nach dem Verkauf einer Wohnung und der Umwandlung in Wohnungseigentum gilt je nach Bundesland und Gemeinde eine Kündigungsschutzfrist von 3 bis 10 Jahren.
- Wie sich Mieter wehren können: Mieter können Widerspruch einlegen, wenn eine soziale Härte vorliegt (z.B. wenn sie alt, krank oder schwanger sind). Mieter können sich auch auf die Unwirksamkeit der Kündigung berufen, z.B. wenn die Kündigungsschutzfrist noch nicht abgelaufen ist.
- Wie sich Vermieter wehren können: Kommt keine außergerichtliche Einigung zustande, bleibt oft nur die Räumungsklage vor dem Zivilgericht.
- Tipp für Mieter und Vermieter: Mieter können im Mietvertrag einen Kündigungsverzicht wegen Eigenbedarfs vereinbaren. Vermieter können den Mietvertrag mit Blick auf einen möglichen Eigenbedarf befristen.
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