E-Scooter – Die Rechtslage 2022 – Verkehrsrecht

Igor Posikow

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht

Inhalt

Seit rund drei Jahren gehören E-Scooter zum alltäglichen deutschen Straßenbild. Auch weiterhin wissen nur die Wenigsten was bei der Nutzung zu beachten ist. Was passiert bei einem Unfall mit einem E-Scooter oder wenn der Fahrer in eine allgemeine Verkehrskontrolle gerät?

Im folgenden Artikel widmen wir uns den aktuellsten Fragen rund um das Thema „E-Scooter und Recht“. Wir beleuchten die allgemeinen Regelungen und was bei einem Unfall mit einem E- Scooter stets beachtenswert ist.

Diese Regeln gelten für die Nutzung von E-Scootern

Allgemein können für E-Scooter u.a. nachfolgende Regeln festgehalten werden, deren Verstoß eine Ordnungswidrigkeit oder sogar eine Straftat darstellen kann:

  • Für Fahrer von E-Scootern gilt ebenso die StVO und auch das StGB, hier insbesondere die Vorschriften mit verkehrsrechtlichem Bezug
  • E-Scooter müssen auf Fahrradwegen bzw. Fahrradstraßen geführt werden; alternativ auf Fahrbahnen, falls ein Fahrradweg nicht vorhanden ist
  • Elektro Scooter dürfen nur hintereinander fahren; ebenso wie bei Fahrrädern ist die Fahrt nebeneinander nicht gestattet
  • Personenbeförderung ist untersagt
  • Eine Haftpflichtversicherung und entsprechende amtliche Kennzeichen sind für Fahrzeuge die unter die Elektronikkleinstfahrzeugverordnung fallen verpflichtend
  • Lenk- oder Abbiegemanöver sind durch Handzeichen oder Fahrtrichtungsanzeiger anzukündigen

Strafrecht und Electro Scooter

Es besteht weiterhin in der Bevölkerung die weit verbreitete Fehlannahme, dass ein Führen eines elektronisch betriebenen Scooters unter Alkoholeinfluss nicht so streng gesehen wird, wie es beim führen eines PKW . 

Auch wenn die potentielle Gefährlichkeit eines Elektronikkleinstfahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr nicht mit der eines tonnenschweren Kraftfahrzeugs vergleichbar ist, geht die Alkoholfahrt mit einem E-Scooter dennoch über eine reine Selbstgefährdung hinaus. 

Übersicht der Vorschriften im Verkehrsstrafrecht

Ein alkoholisiertes Führen eines elektronischen Tretrollers ist in vielen Fällen gesetzlich unter Strafe gestellt. Für Fahrer von Elektro-Scootern gelten im Grundsatz die selben Promillegrenzwerte wie für Autofahrer

  • ab 0,5 – 1,09 Promille: In Betracht kommt ein Bußgeld von 500€, 2 Punkte in Flensburg (Fahreignungsregister) und ein Monat Fahrverbot hinzu. Bei Wiederholungstätern können die Strafen höher ausfallen.
  • Eine absolute Fahruntüchtigkeit wird ab einem Promillewert von 1,1 entweder mit Alkohol oder Betäubungsmitteln am Steuer angenommen; eine Strafbarkeit nach § 316 StGB ist in er Regel der
  • unter 1,1 Promille BAK kann eine Strafbarkeit nach § 316 StGB oder § 315c StGB in Betracht kommen
  • Nach § 142 StGB kommt eine Strafbarkeit wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort in Betracht, sofern der Fahrer des Elektroscooters im öffentlichen Straßenverkehr einen Unfall verursacht und sich unerlaubt entfernt.

Die Alkoholfahrt mit dem E-Scooter

Aktuell auch noch im Jahre 2022 ist sich ein überwiegender Teil der Gerichte einig, dass auch bei E-Scooter Fahrern die absolute Fahruntüchtigkeit ab 1,1 Promille Blutalkoholkonzentration anzunehmen ist, ebenso wie es bei Führern von Kraftfahrzeugen der Fall ist. 

Damit ist die Fahruntüchtigkeit dem Grundsatz nach unwiderlegbar bewiesen, mit der Folge der Strafbarkeit nach § 316 StGB. Bei einem Promillewert unter 1,1 ist eine relative Fahruntüchtigkeit nur anzunehmen, wenn der Fahrer neben der Alkoholisierung zugleich auf alkoholbedingte Ausfallerscheinungen aufweist. Auch dann kommt eine Strafbarkeit nach § 316 StGB in Betracht.

Welche Strafen drohen bei einer Alkoholfahrt mit einem E-Scooter?

Neben der zu erwartenden Geldstrafe, die sich grundsätzlich nach dem regelmäßigen Einkommen des Beschuldigten richtet, sieht das Gesetz im Regelfall eine endgültige Entziehung der Fahrerlaubnis vor, gemäß § 69 Abs. 1, Abs.2 Ziffer 2 StGB. Im Zuge dessen wird auch eine Sperrzeit zwischen 6 Monaten und 5 Jahren für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis nach § 69a StGB ausgesprochen.
 
Einzelne Stimmen lehnen allerdings die bedenkenlose Anwendung der § 69 ff. StGB bei E-Scooter Trunkenheitsfahrten ab. 
So argumentiert das Amtsgericht Hamburg Mitte (Urteil vom 17.12.2021, Az 248a CS 318/21) damit, dass Trunkenheitsfahrten mit Elektronikkleinsfahrzeugen nicht dem Durchschnittsfall des § 316 StGB unterfallen und die Fahrerlaubnisentziehung nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen kann. Neben einer Geldstrafe erachtete das Amtsgericht Hamburg ein Fahrverbot von 3 Monaten nach § 44 StGB für ausreichend.
 
Dieser Auffassung folgen viele Gerichte nicht und sehen die Fahrerlaubnisentziehung als das Mittel der Wahl.    
 

Schadensverursachung durch einen E-Scooter

Mit E-Scooter-Unfällen ist ähnlich zu verfahren wie auch mit anderen Verkehrsunfällen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die primär anwendbare Vorschrift gegen den unfallverursachenden E-Scooter Fahrer nach § 823 Abs. 1 BGB zur Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen grundsätzlich zur Anwendung kommt. Die Vorschriften des Straßenverkehrsgesetztes sind grundsätzlich nach § 8 Abs. 1 StVG ausgeschlossen. So kann der Geschädigte eines Verkehrsunfalls weder gegen den Halter des E-Scooters nach § 7 StVG vorgehen noch gegen den Fahrer des Scooters nach § 18 StVG.

Der umgekippte E-Scooter

Besonders bemerkbar macht sich diese Ausnahmeregelung im ruhenden Verkehr. Ein E-Scooter wird abgestellt und kippt gegen ein geparktes Fahrzeug. Es entstehen Beschädigungen am Lack oder der Karosserie. In einem solchen Fall ist häufig nicht eindeutig feststellbar welcher Fahrer mit dem (Miet-) E-Scooter den Schaden verursacht hat. 

Denkbar ist nämlich auch, dass ein unbekannter Dritter den ordnungsgemäß abgestellten Elektroscooter umgekippt hat. Da § 7 StVG mit der kodifizierten verschuldensunabhängigen Halterhaftung nicht greift, kann der Halter, welcher in der Regel auch der Vermieter dieser E-Scooter ist sowie sein Haftpflichtversicherer nicht in Anspruch genommen werden. 

Der Geschädigte muss nach § 823 Abs. 1 BGB gegen den eigentlichen Schädiger vorgehen und zudem einen Nachweis zu dessen Verschulden führen. Diese Rechtsauffassung wird zutreffend vermehrt in der Rechtsprechung vertreten. 

Sie benötigen Unterstützung von einem Fachanwalt für Verkehrsrecht?

Falls Sie auch in einen Verkehrsunfall mit einem E-Scooter verwickelt wurden und / oder Ihnen eine Straftat im Straßenverkehr vorgeworfen wird, steht Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht Igor Posikow, Partner der Posikow Kehren Rechtsanwälte Partnerschaft mbB in Hamburg, Lübeck und natürlich auch bundesweit für Sie gern bereit. 

Weiterführende Information zum Verkehrsrecht finden Sie in den nachfolgenden Beiträgen:

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