Bis zum 01.07.2021 sind alle Mitgliedsstaaten der EU dazu verpflichtet, die Warenkaufrichtlinie 2019/771 in nationales Recht umzusetzen und ab 01.01.2022 auf alle geschlossenen Kaufverträge anzuwenden. Das Gesetz zur Regelung des Verkaufs von Sachen mit digitalen Elementen und anderen Aspekten des Kaufvertrages wurde entsprechend neu strukturiert. Somit muss sich der Fahrzeughandel auf tiefgreifende Änderungen einstellen. Unter der Prämisse eines EU-weit einheitlichen, hohen Verbraucherschutzniveaus soll mit dem neuen Kaufrecht der grenzüberschreitende Warenverkehr von digitalen Produkten gestärkt und für Verbraucher zusätzliche Rechtssicherheit geschaffen werden. Wann eine Ware vertragsgemäß ist, regelt nun der umstrukturierte Begriff des Sachmangels. Weitere Änderungen betreffen den Verbrauchsgüterkauf und hier im Speziellen den erleichterten Rücktritt vom Kaufvertrag, die Nacherfüllung, Verlängerung der Beweislastumkehr und Verjährung. Als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht beschäftige ich mich mit diesen Änderungen im nachfolgenden Beitrag.
Diese Neuerungen müssen Fahrzeughändler beachten
Die aktuellste Reform des Kaufrechts 2022 gestaltet den Fahrzeugkauf im Allgemeinen verbraucherfreundlicher. So wird die rechtliche Auslegung des Sachmangelbegriffs verändert und Endkunden die Möglichkeit eingeräumt, sich wesentlich einfacher von Kaufverträgen für Pkw, digitalen Elementen und vielen weiteren Produkten zu lösen. Auf Kfz-Händler kommen erweiterte Pflichten zur Aufklärung, bei der Nacherfüllung zu sowie veränderte Verjährungsfristen bei Mängelansprüchen zu. Hinsichtlich des Vorliegens eines Mangels ergeben sich aus den neuen Richtlinien weitere Vorteile für Verbraucher. Bislang galt die Vermutung, dass sofern sich Mangel in den ersten sechs Monaten nach einem Kauf zeigte, dieser bereits vor der Übergabe der Kaufsache vorgelegen haben muss. Ab Januar 2022 wird dieser Zeitraum auf ein Jahr erhöht und für digitale Produktkategorien neue Spezialregelungen eingeführt, inklusive Update-Pflichten für Fahrzeugsoftware. Zudem bedürfen Garantieerklärungen bestimmter Formen als auch Inhalte, die Händler gegenüber Verbrauchern einhalten müssen. Letztlich kommen auf Unternehmer Änderungen beim Regress innerhalb der Lieferketten gegenüber den eigenen Lieferanten zu.
Erhebliche Veränderungen im neuen Autokaufrecht
- Sachmängelgewährleistung
- Beweislastumkehr
- Verjährung von Mängelansprüchen
- Rechte bei Vertragswidrigkeiten (Nachbesserung, Nachlieferung, Minderung)
- Garantien
- Rücktritt vom Kaufvertrag
- Schadenersatzansprüche
- u.a.
Neue Definition des Sachmangels
Der Begriff des Sachmangels wird in § 434 BGB n.F. neu geordnet und enthält in der neuen Fassung kumulativ objektive als auch subjektive Komponenten.
Im Wesentlichen sind für den Fahrzeugkauf folgende Aspekte relevant.
„Subjektiver“ Bestandteil (§ 434 Abs. 2 BGB) u.a.:
- PKW weist die vereinbarte Beschaffenheit auf
- PKW ist für die vertraglich vereinbarte Verwendung geeignet
- das vertraglich vereinbarte Zubehör wird mitgeliefert
„Objektiver“ Bestandteil (§434 Abs. 3 BGB) u.a.:
- Fahrzeug ist für die gewöhnliche Verwendung geeignet
- Dem Fahrzeug ist das zu erwartende Zubehör sowie Anleitungen beigefügt
- Das Fahrzeug weist eine Beschaffenheit auf, die bei Sachen derselben Art üblich ist und die der Käufer erwarten […]
Mit dem in Kraft treten des neuen Kaufrechts ist daher zu berücksichtigen: Beim Autokauf muss das Fahrzeug kumulativ die übliche und vereinbarte Beschaffenheit aufweisen. Kommt es zu einer Vereinbarung unterhalb des Üblichen, ist das Fahrzeug in Ansehung von bekanntgegebenen Fehlern und Mängeln dennoch mangelhaft. In diesem Fall steht dem Verkäufer der § 442 BGB, nach dem der Verkäufer sich auf die Kenntnis des Käufers berufen konnte nicht mehr zur Seite, die Vorschrift wird durch § 475 Abs. 2 S. 3 BGB überholt.
Was bedeutet das in der Praxis?
Seit 01.01.2022 gelten für Autokäufer folgende Änderungen:
- Beim Kauf von digitalen Produkten oder Produkten mit digitalen Inhalten muss der Händler Updates zur Verfügung stellen.
- Bereits vor dem Kauf muss der Händler seinen neuen Hinweispflichten nachkommen und die Hinweise zusätzlich in den Kaufvertrag aufnehmen.
- Der Nachweis von Mängeln wird für Verbraucher nunmehr für eine Dauer von 12 Monaten enorm erleichtert.
Diese Rechte von Verbrauchern und neuen Regelungen für Kaufverträge betreffen private Käufer, die eine Autokaufvertrag mit einem gewerblichen Verkäufer abschließen.
Abweichende Anforderungen und Vereinbarungen an die Form
Wirksam kann eine abweichende Vereinbarung (§ 434 Abs. 3 S. 1 BGB) nur dann sein, sofern die Formvorschrift des § 476 Abs. 1 BGB eingehalten wird. Dazu muss der Verbraucher vor Abschluss des Vertrages und mittels getrenntem Dokument auf die Abweichungen von den üblichen Merkmalen der Ware, welche von der objektiven Anforderung abweichen, hingewiesen werden. Im Kaufvertrag selbst muss dies wiederholt hervorgehoben werden. Eine einfache Aufzählung von mehreren Merkmalen genügt allerdings nicht.
Tipp: Handelt es sich nicht um einen Verbrauchsgüterkauf, gelten keine strengen Anforderungen an die Hinweispflichten.
Neue Hinweispflichten des Verkäufers
Nach den aktuellen Regelungen sind Verkäufer von Kraftfahrzeugen dazu verpflichtet, das Auto genau zu beschreiben. So muss dieser beispielsweise darauf hinweisen, dass der Pkw eine andere Ausstattungslinie hat als der Probewagen. Ist das Fahrzeug nicht in dem Zustand, wie vergleichbare Modelle, muss der Unternehmer explizit diese Information weitergeben. Gleiches gilt auch für den Fall, dass der Händler keinerlei digitale Produkt-Updates zur Verfügung stellen möchte. Um all diese sogenannten Hinweispflichten zu erfüllen, gibt es für Verbraucher jede Menge Unterlagen zu prüfen. Diese Informationen sollten vom Fahrzeughändler in der Regel vor Abschluss des Kaufvertrages und nach einer Probefahrt oder Besichtigung ausgehändigt werden.
Digitale Updates sind verpflichtend
Kauft ein Verbraucher von einem gewerblichen Verkäufer Ware mit digitalen Elementen, muss der Unternehmer für dieses Produkt Updates zur Verfügung stellen. Über welchen Zeitraum dies der Fall ist, hängt von der individuellen Vereinbarung im Kaufvertrag ab beziehungsweise von dem, was der Käufer als üblich erwarten darf. Fehlen Updates wie zum Beispiel für ein Navigationsgerät im Auto, handelt es sich dabei grundsätzlich um eine Sachmangel. Allerdings ist der Verkäufer dazu berechtigt, sofern er dies in den vorvertraglichen Informationen festhält, seine Pflicht zur Verfügungstellung von Updates im Kaufvertrag auszuschließen (auch bei einem Neuwagen). Werden bereitgestellte Updates vom Käufer nicht installiert, und ein digitales Gerät wie das Navi bleibt deswegen funktionslos, entfällt die Haftung durch den Verkäufer. Voraussetzung dafür ist, dass der Unternehmer den Verbraucher über die weitreichenden Folgen einer nicht vorgenommenen Installation informiert hat. Zudem ist der Händler dazu verpflichtet, Konsumenten darüber in Kenntnis zu setzen, sobald neue Updates verfügbar sind.
Erweiterter Begriff des Sachmangels
Nach dem neuen Autokaufrecht 2022 kann eine Mangelfeststellung der Kaufsache auch daraus resultieren, wenn beispielsweise Montageanleitungen oder ähnliche essenzielle Beschreibungen unbrauchbar sind. Entsprechend formuliert wird dies im Abs. 4 des § 434 BGB. Fortan gilt ein Verkaufsgegenstand nur dann als mangelfrei, sofern alle gleichrangigen und gleichgestellten Anforderungen erfüllt sind.
Neuerungen bei Waren mit digitalen Elementen und Sachmangel
Diese Vorschrift trifft auch den Fahrzeughandel. Ab Januar 2022 werden für Waren mit digitalen Elementen laut § 475b BGB sowie für „Ware mit digitalen Elementen bei dauerhafter Bereitstellung der digitalen Elemente“ laut § 475c BGB zusätzliche Mangelmerkmale definiert. Fahrzeuge nach heutigem Stand der Technik beinhalten zahlreiche digitale Elemente, die permanent und planmäßig Daten weitergeben, aber auch empfangen. Autonomes Fahren, Sensortechniken, Infotainment und Navigation – das Auto der Zukunft funktioniert bald ausschließlich durch die dauerhafte Bereitstellung sowie Verarbeitung von Daten.
Daher können fehlerhafte oder unterbliebene Aktualisierungen einen Sachmangel darstellen. Die genannten Vorschriften ziehen eine Pflicht zum Update nach sich, womit digitale Elemente im üblichen Umfang serviciert werden sollen. So kann zum Beispiel aus einem missglückten Software Download ein Sachmangel entstehen. Wie von herkömmlichen Sachmangelfeststellungen gewohnt, gilt bei digitalen Elementen nicht der Übergabezeitpunkt, sondern die akute Aktualisierungsnotwendigkeit. Auf diesem Sachverhalt baut die neue Verjährungsregel im Paragraf 475e BGB auf.
Tipp: Nach neuem Autokaufrecht 2022 muss der Händler den Käufer zukünftig auf notwendige Aktualisierungen hinweisen. Besonders für Autoverkäufer, die branchenfremde Fahrzeugmodelle im gebrauchten Zustand verkaufen, ist dies eine große Herausforderung.
Wie lange sind Händler an die Aktualisierungspflicht gebunden?
Verbraucher sollen mit funktionserhaltenden Updates versorgt werden, solange diese für die Verwendung von digitalen Elementen essenziell sind. Eine konkrete Definition dazu liefert der Gesetzgeber allerdings in seiner Gesetzesbegründung nicht. Das bedeutet, dass es keinen fixen Zeitraum gibt, innerhalb dessen Käufern von Waren mit digitalen Elementen Updates bereitgestellt werden müssen. Dazu leitet sich aus den Erwägungsgründen der Warenkaufrichtlinie die Annahme ab, dass Verbraucher erwarten dürfen, regelmäßige Updates zu erhalten. Zumindest aber für jenen Zeitraum, der die gesetzliche Gewährleistungsfrist deklariert. Typischerweise sind das zwei Jahre, wobei in einigen Fällen eine wesentlich längere Aktualisierungsversorgung angeboten wird, wie dies zum Beispiel bei Sicherheitsaktualisierungen von Softwareprogrammen der Fall ist. Gibt es vertragliche Abweichungen in der Update-Bereitstellung, muss darauf hingewiesen werden. Der Verbraucher ist dazu vor dem Kauf gesondert zu informieren.
Rechte bei Mängeln am Auto
Weist das Fahrzeug nach dem Kauf einen Defekt auf, bei dem es sich um einen Sachmangel handelt, hat der Unternehmer diesen Mangel für den Verbraucher kostenfrei zu beseitigen. Die Regelung wird sich auch im neuen Autokaufrecht 2022 nicht ändern. Neu ist aber, dass die Vermutung gilt, dass der Mangel, sofern er innerhalb des ersten Jahres nach der Fahrzeugübergabe eintritt, bereits vor der Fahrzeugübergabe / vor dem Kauf vorlag. Damit wurde die bisherige Frist von sechs auf zwölf Monate verdoppelt – ein handfester Vorteil für private Endkunden.
So muss der Händler innerhalb des ersten Jahres nach Kaufdatum den Beweis antreten, dass die Ware zum Zeitpunkt der Übergabe frei von Mängeln war. Ist diese Zeit verstrichen, trifft den Käufer in die Beweislast und er muss den Mangelbestand bei Übergabe beweisen können.
Tipp: Neu ist, dass auch für Fahrzeuge eine brauchbare Installations- und Montageanleitung vorhanden sein muss. Steht diese nicht zur Gänze zur Verfügung oder fehlt, wird das ebenso als Sachmangel zu behandeln sein.
Was gilt rechtlich bei Mangelkenntnis zum Vertragsabschluss
Bisher war die Kenntnis über einen vorhandenen Mangelfaktor zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses relevant, um den Ausschluss des Mangelrechtes zu bekräftigen (§ 442 Abs. 1 BGB). Im neuen Autokaufrecht 2022 ist hierzu eine wichtige Änderung in der Rechtslage vorgenommen worden. Der genannte Paragraf kommt in Zukunft nicht mehr beim Kauf von Verbrauchsgütern zum Einsatz (§ 475 Abs. 3 S. 2 BGB). Kauft ein Verbraucher eine KFZ im Bewusstsein eines des Vorhandenseins eines bestimmten Mangels, darf er auch im Nachhinein seine Mängelgewährleistungsrechte, wie die Nacherfüllung und im Nachgang den Rücktritt geltend machen.
Verjährung bei Gebrauchten – auf ein Jahr verkürzt
Im Autokaufrecht 2022 ist nun ausdrücklich eine verkürzte Verjährungsfrist geregelt worden. Sachmangelansprüche bei gebrauchten Fahrzeugen dürfen im Verbrauchsgüterkauf nach § 476 Abs. 2 S. 1 BGB auf die Verjährungsfrist von einem Jahr verkürzt werden. Allerdings reicht ein einfacher Hinweis darüber in den AGB oder als hervorgehobene Formulierung im Dokument des Kaufvertrages nicht mehr aus.
Tipp: Die umfangreiche Pflicht zur Information hat der Händler zu befolgen. Verbraucher müssen demnach vor Abschluss des Vertrages von einer Verkürzung der Verjährungsfrist in Kenntnis gesetzt werden und zwar bestenfalls in einem vom Vertrag gesonderten Schriftstück.
Verjährungsfrist von zwei Jahren bei Neuwagen
Unberührt bleibt die gesetzliche Regelung zu Sachmängelansprüchen nach der Übergabe eines Neuwagens. Hier beträgt die Verjährungsfrist nach wie vor zwei Jahre ab dem Übernahmezeitpunkt. Anders ist allerdings die Haftungszeit des Händlers gegenüber Privatpersonen beim Autokauf. Tritt beim erworbenen Fahrzeug am Ende der zweijährigen Frist ein Mangel auf, der nicht mehr innerhalb der Sachmangelhaftungszeit repariert werden kann, haftet der Verkäufer dennoch. Ab dem Zeitpunkt des Auftretens hat der Käufer vier Monate lang die Möglichkeit, den Mangel beheben zu lassen. Erst danach verjährt dieser Anspruch.
Eine weitere Neuerung ist die zusätzliche Haftungszeit nach der Nachbesserung eines Mangelbestands. Hier beträgt die Frist zwei Monate ab Rückgabe des Fahrzeuges.
Verlängerte Beweislastumkehr
Beim Verbrauchsgüterkauf erweitert sich der Zeitraum von bisher sechs Monaten auf ein ganzes Jahr. Geregelt wird dieser Passus im § 477 Abs. 1 BGB, wobei eine Sonderregelung für die Beweislastumkehr Probleme von Waren mit digitalen Elementen behandelt und in diesen Fällen einen verlängerten Zeitraum nach § 477 Abs. 2 BGB von zwei Jahren zur Verfügung stellt.
Fristsetzung und Nacherfüllung
Ab Januar 2022 sind bei der Handhabung von Gewährleistungsfällen ebenso neue Regelungen zu beachten. Die erweiterten Pflichten im Rahmen der Nachbesserung beziehen sich nicht nur auf den Kauf von Verbrauchsgütern, sondern betrifft jegliche Vertragsparteien im B2C- als auch B2B-Bereich. So muss ein Verbraucher dem Grundsatz nach keine Nacherfüllungsfrist mehr setzen, um einen Anspruch auf Nacherfüllung auszulösen und rechtmäßig von einem geschlossenen Kaufvertrag zurücktreten zu können. Diese berührt das grundsätzliche Nacherfüllungsrecht des Verkäufers nicht, allerdings löst schon die Anzeige des Mangels eine fiktive, angemessene Frist zur Nacherfüllung aus. Nach Ablauf dieser und ohne tatsächliche Behebung des Mangels kann der Verbraucher vom Kaufvertrag zurücktreten und zwar auch dann, wenn er keine explizite Fristsetzung zur Nacherfüllung verlangt hat (§ 439 BGB). Schlägt die Reparatur bzw. Nacherfüllung allerdings fehl, gibt es grundsätzlich kein zweites Recht zur Nacherfüllung. Die Neuregelung wirkt sich erheblich auf das Schadensmanagement von Gewährleistungsfällen aus.
Zu beachten ist ebenso, dass der Käufer weiterhin verpflichtet bleibt nach § 439 Abs. 5 BGB , die Kaufsache zur Mangelbehebung dem Verkäufer ausdrücklich zur Verfügung zu stellen und gegebenenfalls an seinen Geschäftssitz zu verbringen oder verbringen zu lassen. Hierbei gilt auch weiterhin der Grundsatz, dass dies auf Kosten des Händlers erfolgen muss.
Tipp: Zwar ist die Fristsetzung zur Nacherfüllung nunmehr dem Grundsatz nach entbehrlich, Verbraucher sollten trotz dessen dem Händler bei der Mangelanzeige eine angemessene Frist zur Nacherfüllung des Mangels setzen.
Rücktrittserleichterung im neuen Autokaufrecht 2022
Im Gebrauchtwagensegment ist die Lieferung eines mangelfreien Fahrzeuges als Ersatzlieferung in der Regel nicht möglich, daher steht im Sachmangelfall lediglich die Wahl zur Nachbesserung zur Verfügung. Wurde der Käufer arglistig getäuscht, muss er die Nacherfüllung nicht zulassen und kann vom Vertrag mit sofortiger Wirkung einen Rücktritt oder eine Anfechtung erklären. Da eine Arglist schwer nachzuweisen ist, sollten Verbraucher zunächst einen Rechtsanwalt konsultieren.
Kaufpreisreduktion oder Rücktrittsentscheidung?
Konsumenten sind nach dem neuen Autokaufrecht 2022 zu einem Rücktritt berechtigt, wenn
- dem Händler eine Nachbesserung aus verschiedenen Gründen nicht möglich ist.
- eine Nacherfüllung fehlgeschlagen ist, wobei die Anzahl der Nachbesserungsversuche bei Verträgen ab dem 01.01.2022 vom Einzelfall abhängt.
- der Verkäufer die Gewährleistung der Nachbesserung verweigert.
Im Gegensatz zum Rücktritt, ist eine Minderung auch bei unerheblichen Mängeln möglich. Kaufpreisminderungen werden in Form einer Schätzung ermittelt oder über einen Sachverständigen festgesetzt. Macht ein Käufer von seinem Rücktrittsrecht Gebrauch, liegt grundsätzlich ein erheblicher Sachmangel vor und der Kaufvertrag wird rückgängig gemacht. Üblicherweise wird nicht der volle Kaufpreis zurückerstattet und eine sogenannte Nutzungsentschädigung gegengerechnet. Dabei kommt es auf das Verhältnis von zurückgelegten Kilometern und der Gesamtfahrleistung an.
Was passiert beim Rücktritt vom Autokaufvertrag
Entscheidet sich der Verbraucher für den Vertragsrücktritt, ist dieser dazu verpflichtet, dem Unternehmer die Kaufsache zurück zu übereignen. Dabei ist die Rückgabe nicht auf die persönliche Übergabe beschränkt, sollte das Fahrzeug nicht mehr fahrtauglich sein, kann der Händler zur Abholung aufgefordert werden. Entstehen für die Rückgabe Kosten, trägt diese der Verkäufer.
Welche Kosten trägt der Händler?
Im Rahmen der Nachbesserung muss der gewerbliche Verkäufer folgende Kosten übernehmen:
- Kosten, die durch den Aus- und Einbau der mangelhaften Komponente entstehen. Eine Pflicht, die der Unternehmer im B2C-Verkauf nicht beschränken oder ausschließen darf.
- Aufwendungen, die mit der Nachbesserung (z.B. Fahrzeugtransport) zusammenhängen.
Darüber hinaus muss der Händler keine zusätzlichen Kosten für Verdienst- und Nutzungsausfälle sowie Mietwagen übernehmen. Dies wäre nur dann möglich, wenn ein nachweisbares Verschulden des Fahrzeughändlers vorliegt.
Verspätete Lieferung & Rückgriffe in der Lieferkette – wer haftet?
Verkäufer vereinbaren in der Regel einen unverbindlichen Liefertermin, allerdings darf dieser bei neukonfigurierten Fahrzeugen lediglich um bis zu sechs Wochen verzögert werden. Coronabedingte Verspätungen in der Auslieferung dürfen bis zu vier Monate betragen. Werden seitens des Käufers im Zuge einer Mängelfeststellung Gewährleistungen eingefordert, kann der Händler eine Regressforderung gegen seinen Lieferanten stellen. Das neue Autokaufrecht 2022 regelt zudem den Umgang mit digitalen Elementen und stellt sicher, dass bei Kooperationen zwischen Hersteller und Dienstleister die Lieferkette nicht die vertragliche Erfüllung behindert.
Gestaltung von Garantieerklärungen
Zunächst unterschieden sich die Ansprüche aus Garantie und Gewährleistung. Während die Mängelhaftung gesetzlich strukturiert ist, fällt diese im B2C-Bereich auf eine kaum eingrenzbare Praxis. Bei Garantien ist die Sachlage einfacher, denn hier übernehmen Hersteller oder Händler eine freiwillige Verpflichtung für ein bestimmtes Qualitätsniveau der Handelsware zu garantieren. Zukünftig haben Garantien verständlich und für Verbraucher einfach formuliert zu sein und folgende Parameter enthalten:
- Daten des Garantiegebers (Name und Anschrift)
- Exakte Bezeichnung des Fahrzeugs, die von der Garantie betroffen ist.
- Geltungsbereich der Garantie
- Verfahrensschritte, die vom Käufer bei der Geltendmachung einzuhalten sind
- Hinweis auf die Unentgeltlichkeit sowie die gesetzlichen Mängelrechte von Konsumenten
- Feststellung, dass durch die Garantie keinerlei Rechte eingeschränkt werden.
Die Garantiebedingungen und Widerrufsrechte müssen dem Verbraucher in Papierform, als PDF oder via E-Mail zum Zeitpunkt der Lieferung oder Übergabe zur Verfügung stehen (§ 479 Abs. 2 BGB neue Fassung). Entspricht die Garantieerklärung nicht allen Kriterien, behält diese dennoch ihre Gültigkeit gegenüber dem Käufer. Denn eine Unwirksamkeit würde zulasten des B2C-Kunden gehen. Allerdings droht dem Verkäufer eine entsprechende Abmahnung. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Hersteller oder Händler das Garantiedokument erstellt.
Agenturgeschäft im KFZ-Handel
Durch die enorm strenge Gesetzgebung, die im wesentlichen Zulasten des KFZ-Handels ausgestaltet ist, ist eine erhebliche Zunahme an sogenannten Agenturgeschäften (Auftragsgeschäften) zu erwarten. Dem Grundsatz nach, ist ein solches Agenturgeschäft dem Autohandel nicht neu. Gewerbliche Fahrzeughändler bieten Privatpersonen, die ihr privat genutztes Fahrzeug veräußern möchten an, den Verkauf einschließlich dem Bewerben im Internet und Unterstellen in dem eigenen Autohaus zu übernehmen. Bei einem solchen Geschäft wird der Vertrag zwischen dem privaten Verkäufer und dem privaten Käufer geschlossen. Der KFZ-Händler gilt nur als Vermittler. Dabei greifen selbstverständlich die oben umschriebenen Verbraucherschutzrechte nicht.
Der vorgetäuschte Privatverkauf
Sollte der Käufer allerdings belegen können, dass es sich um einen vorgetäuschten Verkauf im Auftrag einer Privatperson handelt, so bleibt der gewerbliche Fahrzeughändler weiterhin haftbar.
An diesen Nachweis sind allerdings – von der Rechtsprechung ausgestaltet – strenge Anforderungen geknüpft. Es ist daher zu empfehlen, in einem solchen Verdachtsfall einen Anwalt oder Fachanwalt für Verkehrsrecht zu konsultieren.