Mieter, die nach einer Kündigung nicht ausziehen, sind für den Vermieter ein großes Ärgernis. Doch bei allem Verständnis für den Ärger, der in solchen Situationen entsteht, sollten Vermieter nicht unüberlegt oder eigenmächtig reagieren.
Vermieter sollten sich daher rechtlich beraten lassen, um in einer solchen Situation die richtigen Schritte einzuleiten und nicht unnötig Zeit zu verlieren. Weigert sich der Mieter trotz Kündigung auszuziehen, bleibt oft nur die Räumungsklage und letztlich die Zwangsräumung. Diese sollte von einem auf Mietrecht spezialisierten Anwalt begleitet werden.
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Mietrecht Michael Kehren erläutert in diesem Beitrag, welche Möglichkeiten Vermieter haben, wenn der Mieter nicht auszieht, was Vermieter auf keinen Fall tun sollten und warum eine Räumungsklage nur das letzte Mittel ist.
Kann der Mieter noch in der Wohnung bleiben, obwohl das Mietverhältnis gekündigt ist?
Sowohl Mieter als auch Vermieter können ein bestehendes Mietverhältnis kündigen. Der Mieter braucht dafür keinen Grund, der Vermieter einen Grund, nämlich das berechtigte Interesse. Handelt es sich um eine ordentliche Kündigung, müssen beide Parteien bestimmte Kündigungsfristen einhalten. Kündigt der Mieter, hat er eine Kündigungsfrist von drei Monaten.
Kündigt der Vermieter, beträgt die Kündigungsfrist gem. § 573c Abs. 1 BGB je nach Dauer des Mietverhältnisses zwischen drei und neun Monaten (mehr als fünf Jahre Mietdauer: sechs Monate; mehr als acht Jahre Mietdauer: neun Monate). Handelt es sich um eine erleichterte Kündigung nach § 573a Abs. 1 BGB, verlängert sich die Kündigungsfrist des Vermieters um weitere drei Monate. Eine erleichterte Kündigung liegt vor, wenn Mieter und Vermieter im selben Haus wohnen und sich in diesem Haus nicht mehr als 2 Wohnungen befinden.
Während der Kündigungsfrist darf der Mieter in der Wohnung bleiben. Ist die Kündigungsfrist jedoch abgelaufen, muss der Mieter ausziehen. Zieht der Mieter trotz berechtigter oder eigener Kündigung nicht aus, macht er sich schadensersatzpflichtig.
Widerspruch gegen Vermieter-Kündigung
Wurde das Mietverhältnis durch den Vermieter gekündigt, kann der Mieter gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 BGB der Kündigung widersprechen. Der Widerspruch kann begründet sein, wenn die Kündigung z.B. für den Mieter oder seine Familie eine Härte bedeuten würde. Fälle, in denen die Voraussetzungen für einen Widerspruch vorliegen, sind jedoch selten.
Wann ist eine Kündigung durch den Vermieter zulässig?
Für Kündigungen gegenüber Mietern enthält das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) eine Reihe von Kündigungsschutzvorschriften, so dass Mieter vor ungerechtfertigten Kündigungen durch den Vermieter weitgehend geschützt sind. Hat der Vermieter jedoch ein berechtigtes Interesse an der Kündigung, kann die Kündigung durch den Vermieter dennoch zulässig sein.
Ein berechtigtes Interesse für eine ordentliche Kündigung durch den Vermieter liegt gem. § 573 Abs. 2 BGB unter anderem vor bei
- Eigenbedarf
- erheblicher Verletzung der mietvertraglichen Pflichten durch den Mieter (z. B. wiederholte Störung des Hausfriedens oder Mietrückstände)
- Hinderung der wirtschaftlichen Verwertung
Abmahnung durch den Vermieter
Soweit der Mieter seine mietvertraglichen Pflichten verletzt, muss der Vermieter ihn abmahnen, bevor er eine Kündigung ausspricht. Dies ist z. B. erforderlich, wenn der Mieter die Miete verspätet zahlt, bei unerlaubter Untervermietung, bei unerlaubter baulicher Veränderung der Mietsache oder bei Störung des Hausfriedens.
Die Abmahnung soll dem Mieter Gelegenheit geben, sein vertragswidriges Verhalten abzustellen und sich wieder vertragsgemäß zu verhalten, um eine Kündigung zu vermeiden. Setzt der Mieter das abgemahnte Verhalten fort, ist eine Kündigung durch den Vermieter gerechtfertigt.
Was passiert, wenn der Mieter nicht rechtzeitig aus der Wohnung auszieht?
Ist der Mieter trotz berechtigter Kündigung und Ablauf der Kündigungsfrist nicht ausgezogen, so verstößt er gegen die Pflicht zur Rückgabe der Mietsache nach § 546 Abs. 1 BGB. Nach dem Ende der Kündigungsfrist endet das Mietverhältnis und der Mieter wäre, trotz weiterem Verbleib in der Mietsache, nicht mehr verpflichtet, Miete zu zahlen.
Um einen solchen Widerspruch zwischen der weiteren Nutzung und dem Erlöschen der Pflicht, die Miete zu zahlen, aufzulösen, enthält § 546a Abs. 1 BGB eine Sonderregelung. Danach muss der Mieter für den weiteren Gebrauch der Mietsache eine Nutzungsentschädigung in Höhe der Miete zahlen. Nach § 546a Abs. 2 BGB i. V. m. § 571 Abs. 1 BGB hat der Mieter auch für weitere Schäden einzustehen, wenn die unterbliebene Rückgabe aus Gründen erfolgt, die der Mieter zu vertreten hat.
Hat der Vermieter z. B. die Wohnung nach Ablauf der Kündigungsfrist anderweitig vermietet und zieht der Vormieter aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht aus, so muss er für den hierdurch entstehenden Schaden aufkommen.
Was sollten Vermieter nicht tun?
Wut und Ärger sind menschlich, wenn der Mieter nach Ablauf der Kündigungsfrist oder nach Ausspruch einer fristlosen Kündigung nicht auszieht. Vermieter sollten jedoch einen kühlen Kopf bewahren. In eine Art Selbstjustiz zu verfallen und den Mieter unter Druck zu setzen, endlich auszuziehen, ist die schlechteste Idee.
Man könnte auf die Idee kommen, wenn der Mieter nicht auszieht, als Vermieter eigenmächtig Wasser, Strom, Gas oder Heizung abzustellen, um den dann nicht mehr versorgten Mieter zum Auszug zu bewegen. Der Vermieter ist zwar nicht mehr verpflichtet, die übernommenen Versorgungsleistungen weiter zur Verfügung zu stellen, er darf jedoch keine so genannte Versorgungssperre durchführen und die Versorgung eigenmächtig unterbrechen. Hat der Mieter einen eigenen Versorgungsvertrag mit den Strom- oder Gas-Anbietern abgeschlossen, darf der Vermieter diese Versorgungsleistungen nicht eigenmächtig unterbrechen.
Auch die eigenmächtige Räumung der Wohnung eines Mieters, der nicht ausgezogen ist, sollte der Vermieter unterlassen. In diesem Fall kann sich der Vermieter wegen Hausfriedensbruch (§ 123 StGB) oder Nötigung (§ 240 StGB) strafbar machen. Das unbefugte Eindringen stellt zudem als Besitzstörung eine sog. verbotene Eigenmacht nach § 858 BGB dar.
Bei einer eigenmächtigen Räumung riskiert der Vermieter, dass der Mieter gegen ihn eine einstweilige Verfügung auf Wiedereinräumung des Besitzes an der Wohnung erwirkt. Dies kann auch zu Schadensersatzansprüchen des Mieters gegen den Vermieter führen.
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Was tun, wenn der Mieter nicht auszieht?
Vermieter sollten, wenn ihr Mieter nicht auszieht, nicht versuchen, sofort Konsequenzen zu ziehen, sondern den folgenden korrekten Weg gehen:
- Der Fortsetzung des Gebrauchs der Mietsache durch den Mieter muss gemäß § 545 BGB innerhalb von 2 Wochen widersprochen werden. Diesen Widerspruch sollten Vermieter bereits mit der Kündigung erklären. Widerspricht der Vermieter nicht, läuft das Mietverhältnis trotz Kündigung auf unbestimmte Zeit weiter.
- Zieht der Mieter nicht aus, ist zu prüfen, ob die Kündigung den gesetzlichen Anforderungen, insbesondere hinsichtlich des Kündigungsgrundes, entspricht. Sollte der Mieter der Kündigung widersprochen haben, weil ein Härtefall nach § 574 Abs. 1 Satz 1 BGB vorliegt, sollte juristisch geprüft werden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für einen solchen Widerspruch erfüllt sind. Je nach Ergebnis dieser Prüfung kann der Vermieter gemeinsam mit einem Fachanwalt für Mietrecht eine außergerichtliche Lösung mit dem Mieter anstreben oder kurzfristig Räumungsklage erheben.
- Eine außergerichtliche Einigung mit dem Mieter spart in jedem Fall Zeit und Geld. Wenn man mit dem Mieter Kontakt aufnimmt, kann man herausfinden, warum der Mieter die Wohnung nicht räumt und eventuell Unterstützung anbieten. Eine Lösung kann z. B. sein, dass man als Vermieter einen Teil der Umzugskosten übernimmt, wenn der Mieter sich den Umzug finanziell nicht leisten kann. Oder man hilft dem Mieter, eine andere Wohnung zu finden.
- Wenn alle außergerichtlichen Einigungsversuche scheitern, bleibt oft nur die Räumungsklage. Die Räumungsklage ist zwar das härteste, aber meist auch das einzige Mittel, um den Mieter aus der Wohnung zu bekommen. Zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk sich das Mietobjekt befindet. Die Klage ist gegen alle Mieter und Bewohner der Mietsache zu richten. Entscheidet das Gericht zugunsten des Vermieters, wird das Urteil vier Wochen nach der Verkündung des Urteils rechtskräftig. Eine erfolgreiche Räumungsklage gibt dem Vermieter jedoch nicht das Recht, die Wohnung eigenmächtig oder sofort zu räumen.
- Zieht der Mieter auch nach dem Räumungsurteil nicht freiwillig aus, wird ihm die Zwangsräumung angedroht. Als Vermieter beauftragt man den Gerichtsvollzieher mit der Vollstreckung des Räumungstitels. Dieser kündigt die Zwangsräumung an und teilt dem Mieter den Räumungstermin mit. Zieht der Mieter dann immer noch nicht aus, beauftragt der Gerichtsvollzieher eine Spedition, die Wohnung zum Räumungstermin zu räumen und die Möbel des Mieters einzulagern. Anschließend werden die Schlösser ausgetauscht, so dass der Mieter keinen Zugang mehr zur Wohnung hat.
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Fazit
- Wenn ein Mieter nach einer Kündigung nicht auszieht, sollten Vermieter zunächst Kontakt aufnehmen und den Grund für den Verbleib des Mieters erfragen.
- Eine außergerichtliche Einigung und Unterstützung sind oft die schnellsten und wirtschaftlich sinnvollsten Mittel, um den Mieter zum freiwilligen Auszug zu bewegen.
- Die Räumungsklage und Zwangsräumung sind die unbedingt notwendigen Schritte, wenn der Mieter nicht kooperiert.
- Mieter und Vermieter können das Mietverhältnis kündigen, mit unterschiedlichen Kündigungsfristen und Gründen.
- Vermieter sollten auf keinen Fall eigenmächtige Maßnahmen wie das Abschalten von Versorgungsleistungen oder die eigenmächtige Räumung durchführen, sondern den rechtlichen Weg gehen, wenn der Mieter nicht auszieht.
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