Stellt ein Fahrzeugkäufer nach dem Kauf Sachmängel an seinem Fahrzeug fest, kann er unter bestimmten Voraussetzungen das Fahrzeug wegen Mangelhaftigkeit zurückgeben bzw. vom Kaufvertrag zurücktreten. Dieses Recht ist Teil der gesetzlichen Gewährleistung, zu der alle Verkäufer von Kraftfahrzeugen verpflichtet sind. Während private Autoverkäufer die Gewährleistung ausschließen können, ist dies gewerblichen Händlern gegenüber privaten Käufern nicht möglich.
In den meisten Fällen ist ein solcher Rücktritt jedoch nicht sofort möglich, sondern dem Autoverkäufer muss die Möglichkeit zur Nachbesserung eingeräumt werden. Die Frage, ob ein Käufer ein Auto wegen Mängeln zurückgeben kann, ist daher oft komplex und wirft viele Rechtsfragen auf.
Sowohl Käufer als auch Autohändler müssen die gesetzlichen Bestimmungen und ihre Rechte kennen, um eine faire und angemessene Lösung zu finden. Um eine faire und angemessene Lösung zu finden, unterstützen wir sowohl Autohändler als auch Autokäufer bei der Durchsetzung ihrer Rechte.
Igor Posikow ist Fachanwalt für Verkehrsrecht und gibt in diesem Artikel wichtige Hinweise für Käufer und Autohändler. Unter anderem welche Rechte und Ansprüche sich aus der gesetzlichen Gewährleistung ergeben und wann ein Rücktritt vom Kaufvertrag möglich ist und wann nicht.
Was bedeutet Gewährleistung beim Autokauf?
Beim Kauf eines Autos ist der Verkäufer zur Gewährung der gesetzlichen Gewährleistung verpflichtet. Dies gilt grundsätzlich sowohl für gewerbliche Händler als auch für private Verkäufer und sowohl für Neuwagen als auch für Gebrauchtwagen. Gewerbliche Händler dürfen die Gewährleistung gegenüber Verbrauchern nicht ausschließen. Private Händler können die Gewährleistung im Kaufvertrag ausdrücklich ausschließen. Die Gewährleistungsfrist beträgt bei Neuwagen 2 Jahre, bei Gebrauchtwagen 1 Jahr.
Gewährleistung bzw. Sachmängelhaftung
Das gesetzliche Gewährleistungsrecht wird auch Sachmängelhaftung genannt. Grundsätzlich schuldet der Verkäufer dem Käufer ein Fahrzeug, das frei von Sachmängeln ist. Stellt der Käufer nach dem Kauf des Fahrzeugs Schäden oder Mängel fest, kann er bestimmte gesetzliche Gewährleistungsrechte geltend machen.
Verschleiß oder Sachmangel
Gebrauchsspuren sind bei einem Gebrauchtwagen üblich und fallen nicht unter die Gewährleistung. Auch Verschleißteile fallen nicht unter die Gewährleistung. Als Sachmangel gelten jedoch alle defekten Teile, die keine Verschleißteile sind und nach dem Kauf einen Defekt aufweisen. Hat der Verkäufer einen Unfallschaden verschwiegen, stellt dies einen Sachmangel dar. Gleiches gilt für einen falschen Kilometerstand auf dem Tacho.
Ein Sachmangel liegt auch vor, wenn ein Fahrzeug nicht die vereinbarte Ausstattung aufweist, die vertraglich festgelegt wurde. Wurde das Fahrzeug mit einer neuen TÜV-Plakette ausgeliefert und ist es dennoch nicht verkehrssicher, liegt ein Mangel vor. Ist eine Originallackierung des Fahrzeugs vereinbart und wurde das Fahrzeug tatsächlich nachlackiert, so stellt dies auch bei fachgerechter Ausführung einen Sachmangel dar. Verspricht der Händler, dass für das Fahrzeug noch eine Herstellergarantie besteht und ist dies tatsächlich nicht der Fall, liegt ebenfalls ein Mangel vor. Sichert der Händler ein scheckheftgepflegtes Fahrzeug zu, liegt grundsätzlich ein Mangel vor, sollte das Fahrzeug nicht in den vorgegebenen Abständen gewartet worden sein.
Unübliche Gebrauchsspuren und digitale Produkte
Ab dem 01.01.2022 muss der Verkäufer den privaten Käufer auf unübliche Gebrauchsspuren hinweisen. Diese stellen dann keinen Mangel der Sache dar, wenn der Verkäufer auf sie hingewiesen hat. Unterlässt der Verkäufer den Hinweis, muss er für solche Gebrauchsspuren haften. Bei einem Gebrauchtwagen muss der Käufer allerdings normale Gebrauchsspuren hinnehmen.
Seit dem 01.01.2022 muss der Verkäufer auch Updates und Aktualisierungen der im Fahrzeug enthaltenen Software, z.B. eines Navigationssystems, für einen „angemessenen Zeitraum“ bereitstellen.
Garantie oder Gewährleistung
Die Gewährleistung ist ein gesetzlicher Anspruch, den der Verkäufer eines Fahrzeugs gewähren muss. Die Garantie hingegen ist, auch wenn beide Begriffe umgangssprachlich teilweise synonym verwendet werden, eine freiwillige Leistung des Herstellers oder Verkäufers. Bei der Garantie kann der Garantiegeber z.B. festlegen, auf welche Teile er eine Garantie gibt und wie lange diese dauert. Bei Elektrofahrzeugen geben z.B. die Hersteller in der Regel eine lange Garantie auf die Kapazität der Antriebsbatterien.
Benötigen Sie rechtliche Unterstützung?
Unser Fachanwalt für Verkehrsrecht steht Ihnen zur Seite!
Welche Gewährleistungsrechte stehen dem Autokäufer zu?
Stellt der Käufer einen Sachmangel an seinem Fahrzeug fest, stehen ihm unterschiedliche Rechte zu. Das Gesetz kennt vor allem vier Rechte, die dem Käufer zustehen:
- die Nachbesserung/Nacherfüllung oder Ersatzlieferung
- die Minderung des Kaufpreises
- der Rücktritt vom Kaufvertrag
- Schadensersatzforderung
Je nach Schwere und Beseitigungsmöglichkeit des Mangels ist dem Verkäufer vor allen anderen Gewährleistungsrechten Gelegenheit zur Nachbesserung / Nacherfüllung zu geben.
Alternativ kann der Käufer auch die Ersatzlieferung eines mangelfreien Fahrzeugs wählen. Bei Gebrauchtfahrzeugen kommt allerdings in der Regel nur die Nachbesserung durch Reparatur in Betracht. Wurde hingegen z.B. ein unfallfreies Fahrzeug versprochen und hatte das Fahrzeug tatsächlich einen Unfall, kommt eine Nachbesserung nicht in Betracht. Der durch den Vorschaden am Fahrzeug eingetretene Minderwert lässt sich auch mit einer fachgerechten Reparatur nicht beseitigen.
Versuche der Nachbesserung / Nacherfüllung
Ist ein Sachmangel grundsätzlich behebbar, muss dem Verkäufer Gelegenheit zur Nachbesserung gegeben werden. Grundsätzlich müssen dem Verkäufer hierfür mindestens zwei Nachbesserungsversuche je Sachmangel eingeräumt werden.
Alternativ kann dem Verkäufer auch eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist eine weitere Aufforderung zur Nacherfüllung durch den Käufer nicht mehr erforderlich, selbst wenn der Händler noch nicht nachgebessert hat oder die erste Nacherfüllung fehlgeschlagen ist.
Minderung des Kaufpreises oder Rücktritt vom Kaufvertrag
Gelingt es dem Verkäufer nach einer angemessenen Anzahl von Nachbesserungsversuchen nicht, den Sachmangel zu beheben, kann der Käufer nach seiner Wahl beispielsweise vom Kaufvertrag zurücktreten.
Wie kann ich ein Fahrzeug beim Händler zurückgeben?
Wenn Sie ein Fahrzeug bei einem Händler gekauft haben und das Fahrzeug kurz nach dem Kauf einen Sachmangel aufweist, müssen Sie als Käufer zunächst den Verkäufer unverzüglich über den Mangel informieren. Sie sollten dem Händler eine angemessene Frist setzen, um den Mangel zu beheben oder – insbesondere bei Neuwagen – ein gleichwertiges Fahrzeug in Form der Nachlieferung zur Verfügung zu stellen.
Rücktritt vom Kaufvertrag
Bei einem Sachmangel ist eine sofortige Rückgabe des Fahrzeugs bzw. ein Rücktritt vom Kaufvertrag häufig nicht möglich. Anders verhält es sich, wenn das Fahrzeug einen erheblichen Mangel aufweist, z.B. einen Unfallschaden, obwohl Unfallfreiheit zugesichert wurde. Ein solcher Mangel ist nicht reparabel. In diesem Fall kann der Händler nicht nachbessern und die Möglichkeit des Rücktritts vom Kaufvertrag besteht sofort nach Kenntnis des Unfallschadens.
Hat der Händler den Kunden arglistig getäuscht, ist ein Rücktritt vom Kaufvertrag oder sogar eine Anfechtung des Kaufvertrags auch ohne die Möglichkeit der Nacherfüllung zulässig. Die Arglist muss jedoch nachgewiesen werden können.
Ein Rücktritt vom Kaufvertrag ist dann möglich, wenn der Händler die angemessene Frist zur Nacherfüllung (meist 14 Tage) ungenutzt verstreichen lässt, die Nacherfüllung verweigert oder die Nacherfüllung trotz einer angemessenen Anzahl von Nacherfüllungsversuchen fehlschlägt.
Unerhebliche Sachmängel berechtigen nicht zum Rücktritt
Liegt nur ein unerheblicher Mangel vor, ist ein Rücktritt zumeist nicht möglich. In Betracht kommt dann nur die Minderung des Kaufpreises. Der Bundesgerichtshof hält einen Sachmangel für unerheblich, wenn die Mängelbeseitigungskosten weniger als 5 % des Kaufpreises betragen. Allerdings ist die Erheblichkeit des Mangels auch an weitere Voraussetzungen geknüpft, welche stets berücksichtigt werden müssen.
Bis zu dieser Bagatellgrenze kann der Käufer nicht vom Vertrag zurücktreten, sondern nur Minderung des Kaufpreises verlangen, wenn die Nachbesserung nicht möglich, verweigert oder fehlgeschlagen ist.
Rücktrittserklärung
Ist der Rücktritt für den Käufer möglich und möchte er das Fahrzeug zurückgeben, muss die Ausübung des Rücktritts dem Händler unmissverständlich mitgeteilt werden und auch, dass die Rechtsfolge des Rücktritts, nämlich die Rückzahlung des Kaufpreises, gewollt ist. Der Rücktritt sollte daher immer schriftlich erfolgen.
Im Falle des Rücktritts erhält der Käufer den Kaufpreis zurück. Hinzu kommen alle Aufwendungen, die der Käufer im Zusammenhang mit dem Kauf des Fahrzeugs gemacht hat. Dies können z.B. auch Reifen sein, wenn die alten Reifen nicht mehr verkehrssicher waren. Eine etwaige Nutzungsentschädigung sollte jedoch als Vorteil vom Kaufpreis abgezogen werden.
Wie können wir Käufern und Verkäufern helfen?
Als Rechtsanwaltskanzlei, die auf das Verkehrsrecht und das Autokaufrecht spezialisiert ist, helfen wir unseren Mandanten, die Rechtslage zu analysieren und Risiken und Chancen der Rechtsdurchsetzung aufzuzeigen. Wir vertreten sowohl gewerbliche Autohändler als auch private Autokäufer, die mit Sachmängeln beim Autokauf / -verkauf konfrontiert werden.
Durch die regelmäßige Vertretung von Händlern und Käufern bei mangelbehafteten Autokäufen / -verkäufen kennen wir die Sorgen und Nöte beider Seiten. Aufgrund dieser Erfahrung können wir häufig zwischen den Parteien vermitteln und eine einvernehmliche Lösung herbeiführen. Auf diese Weise können in vielen Fällen langwierige und kostspielige Auseinandersetzungen vor Gericht vermieden werden.
Lässt sich ein Rechtsstreit jedoch nicht vermeiden, weil eine einvernehmliche Lösung zwischen den Parteien nicht erzielt werden kann, vertreten wir unsere Mandanten auch bei der gerichtlichen Durchsetzung ihrer Ansprüche. Dabei ist es unerheblich, ob der Käufer seine Ansprüche gegen den Autohändler durchsetzen oder der Autohändler die Ansprüche des Käufers abwehren will.
Fazit
- Sachmängelhaftung: Der Verkäufer haftet für Sachmängel am Fahrzeug, nicht jedoch für normale Gebrauchsspuren oder Verschleißteile. Private Autoverkäufer können die Sachmängelhaftung ausschließen. Gewerbliche Händler können die Sachmängelhaftung gegenüber privaten Käufern nicht ausschließen.
- Gewährleistungsrechte des Käufers: Bei Sachmängeln hat der Käufer je nach Schwere des Mangels und der Nachbesserungsmöglichkeiten das Recht auf Nachbesserung, Ersatzlieferung, Minderung des Kaufpreises oder Rücktritt vom Vertrag.
- Rückgabe an den Verkäufer: Liegt ein Mangel vor, muss der Käufer diesen dem Verkäufer anzeigen und ihm eine angemessene Frist zur Nacherfüllung setzen, bevor er vom Vertrag zurücktreten oder den Kaufpreis mindern kann.
- Rücktritt vom Kaufvertrag: Ein sofortiger Rücktritt ist möglich bei erheblichen Mängeln wie versteckten Unfallschäden oder arglistiger Täuschung. Bei unerheblichen Mängeln kommt stattdessen eine Minderung des Kaufpreises in Betracht.
- Rücktrittserklärung: Der Käufer sollte den Rücktritt vom Kaufvertrag schriftlich erklären und hat Anspruch auf Rückerstattung des Kaufpreises sowie bestimmter Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Kauf.
- Rechtliche Beratung: Als spezialisierte Rechtsanwälte für Verkehrsrecht und Autokaufrecht unterstützen wir Käufer und Verkäufer bei der Analyse der Rechtslage, der einvernehmlichen außergerichtlichen Einigung zwischen den Parteien und gegebenenfalls bei der gerichtlichen Durchsetzung der Ansprüche.
FAQ
Was ist die Gewährleistung beim Autokauf?
Die Gewährleistung oder Sachmängelhaftung verpflichtet den Verkäufer, ein mangelfreies Fahrzeug zu liefern. Sie gilt für gewerbliche und private Verkäufer und umfasst Neuwagen (2 Jahre) und Gebrauchtwagen (1 Jahr). Private Verkäufer können die Gewährleistung ausschließen. Gewerbliche Autohändler können die Gewährleistung nur gegenüber gewerblichen Autokäufern ausschließen.
Wann liegt ein Sachmangel vor?
Sachmängel sind Defekte, die über normale Gebrauchsspuren hinausgehen. Dazu gehören auch versteckte Unfallschäden, falsche Angaben zur Ausstattung oder ein falscher Kilometerstand.
Welche Rechte hat der Käufer, wenn ein Sachmangel vorliegt?
Der Käufer kann je nach Schwere des Mangels und der Nachbesserungsmöglichkeiten Nachbesserung, Ersatzlieferung, Minderung des Kaufpreises, Schadensersatz oder Rücktritt vom Vertrag verlangen.
Kann ich das Fahrzeug sofort zurückgeben?
Ein sofortiger Rücktritt ist bei schwerwiegenden Mängeln wie versteckten Unfallschäden möglich. Bei weniger gravierenden Mängeln muss eine angemessene Frist zur Nachbesserung gesetzt werden. Erst wenn die Nachbesserung fehlschlägt, vom Verkäufer verweigert wird oder die gesetzte Frist erfolglos verstrichen ist, kann vom Vertrag zurückgetreten oder der Kaufpreis gemindert werden.
Wie kann ein Anwalt helfen?
Spezialisierte Rechtsanwälte helfen bei der Analyse der Rechtslage, vermitteln zwischen den Parteien und vertreten bei der gerichtlichen Durchsetzung der Ansprüche.
Welche Kosten werden bei Rücktritt vom Kaufvertrag ersetzt?
Neben dem Kaufpreis können bestimmte Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Kauf ersetzt werden.
Müssen normale Gebrauchsspuren akzeptiert werden?
Ja, normale Gebrauchsspuren sind üblich und fallen nicht unter die Gewährleistung. Sie sind bei Gebrauchtwagen zu erwarten und können nicht als Sachmangel geltend gemacht werden. Auf unübliche Gebrauchsspuren muss der Verkäufer hinweisen. Unterlässt er dies, haftet er auch für unübliche Gebrauchsspuren.
Was passiert bei arglistiger Täuschung?
Hat der Verkäufer arglistig getäuscht, kann der Käufer ohne Fristsetzung zur Mängelbeseitigung vom Vertrag zurücktreten.
Bildquellennachweis: FG Trade | Canva